Persönlich Natascha Kampusch . . . hat ihr zweites Buch geschrieben

Sie war eine Gefangene. 3096 Tage lang war Natascha Kampusch nicht Herrin über ihr eigenes Leben. Konnte nicht entscheiden, wann sie aufsteht oder schlafen will, ob sie ein Eis essen möchte oder im Garten spielen. Kampusch lebte in ihrem Verlies in einem Einfamilienhaus in Strasshof, in der Nähe von Wien. Zehn Jahre alt war sie, als der arbeitslose Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil sie 1998 auf ihrem Schulweg in einen Lieferwagen zerrte und einsperrte. Ihr Entführer hat sie ihrer so wertvollen Kindheit beraubt und ihr damit zweifelsfrei unsägliches Leid zugefügt. Hinter einer schalldicht verschlossenen Tresortür lebte sie in einem fensterlosen Raum, der gerade einmal 1,80 Meter breit war. Nach gut achteinhalb Jahren Gefangenschaft gelang Kampusch am Mittag des 23. August 2006 die Flucht. Ihr Entführer nahm sich später das Leben.

Das ist nun beinahe zehn Jahre her. Deswegen legt sie morgen ihr zweites Buch "Natascha Kampusch: 10 Jahre Freiheit" vor. Darin lässt sie sich über "Tücken und Freuden der Freiheit" aus, wie es die Deutsche Presse-Agentur ausdrückt. Die Wienerin berichtet von den vielen Anfeindungen und Vorurteilen, gegen die sie nach eigener Aussage zu kämpfen hatte. Sie versucht nun, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, Kritikern Kontra zu geben und das zu werden, was ihr jahrelang verwehrt wurde: Herrin über sich selbst.

Am Verhalten des Opfers gab es tatsächlich einige Kritik. So hat sie etwa das Haus ihres Peinigers in Strasshof gekauft und fährt gelegentlich dorthin. Mit einem Freund Priklopils, der dem Entführer wohl zur Flucht verhalf, sei sie inzwischen fast freundschaftlich verbunden, sagte Kampusch. Außerdem wird ihr vorgehalten, sich mit ihrem Schicksal bereichern zu wollen. Nach "3096", ihrem ersten Buch, hatte sie einer Verfilmung zugestimmt, die 2013 in die Kinos kam. Vielleicht ist aber genau das ihr Weg in die Freiheit.

Henning Rasche

(RP)
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