Düsseldorf NRW-CDU attackiert Maut-Pläne

Düsseldorf · 15 Landtagsabgeordnete aus der Grenzregion wenden sich gegen die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgesehene Vignetten-Pflicht. Sie warnen vor Gegenreaktionen Belgiens und der Niederlande.

Das ist Alexander Dobrindt
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Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Im Tauziehen um eine Maut auf deutschen Straßen formiert sich Widerstand auch in der nordrhein-westfälischen CDU. 15 Landtagsabgeordnete, die ihren Wahlkreis im Grenzgebiet zu Belgien und den Niederlanden haben, warnen vor der von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geplanten Einführung einer Vignette, die sich letztlich nur gegen Ausländer richtet. Diese Abgabe wirke "wie eine Eintrittsgebühr nach Deutschland", heißt es in einem gemeinsamen Schreiben an den Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Peter Hintze. In dem Brief, der unserer Zeitung vorliegt, bitten ihn die 15 Unterzeichner, auf eine Veränderung des Dobrindt-Konzeptes hinzuwirken oder "sich zumindest für eine Ausnahmeregelung für grenznahe Kreise und Euregionen stark zu machen". Hintze hatte sich bereits nach Bekanntwerden der Maut-Pläne kritisch zu den Folgen geäußert.

Der Bundesverkehrsminister will das Fahren auf allen deutschen Straßen mautpflichtig machen. Ab 2016 müssten dann die Ausländer eine Tages-, Mehrtages- oder Jahresvignette erwerben. Auch die deutschen Autofahrer müssten eine Vignette an ihrem Fahrzeug anbringen, doch sollen ihnen dadurch keine zusätzlichen Belastungen entstehen. Die Kosten für die Jahresvignette sollen vielmehr mit der Kfz-Steuer verrechnet werden; die Vignette würde den deutschen Autofahrern zugeschickt werden.

"Mit großer Sorge" nehme man zur Kenntnis, dass mit der beabsichtigten Infrastrukturabgabe die jahrzehntelangen Bemühungen um eine Erleichterung des europäischen Alltagslebens in den Grenzgebieten "erheblich konterkariert" würden, betonen die Unionsabgeordneten in ihrem Schreiben. Der Einzelhandel, die Dienstleister und die Gastronomie würden die Folgen einer Mautpflicht für Ausländer zu spüren bekommen, "wenn unsere niederländischen Nachbarn sich fragen, wie oft sie in einem Jahr wirklich zum Einkaufen oder zur Freizeitgestaltung zu uns kommen und ob sich dafür der Kauf einer Vignette lohnt".

Die 15 CDU-Politiker halten es für sehr wahrscheinlich, dass die Nachbarländer wie die Niederlande oder Belgien mit ähnlichen Abgaben reagieren werden. Gerade für die Deutschen in den Grenzregionen würde dies eine zusätzliche finanzielle Belastung bedeuten - dies komme "einem Schritt zurück in das Europa der Zollabgaben und Schlagbäume gleich".

Man nehme zur Kenntnis, heißt es, dass nach neuen Wegen zur Finanzierung des Straßennetzes gesucht werden müsse. Mit der Einführung der Lkw-Maut sei inzwischen ein erster Schritt zur Einbeziehung des Transitverkehrs getan. Die Einnahmen einer allgemeinen Straßenmaut stünden jedoch nicht fest. Es sei abzuwägen, ob sie "im richtigen Verhältnis zur Störung der Wirtschaftsstandorte, des Wachstumsprozesses und des Alltagslebens in den Grenzregionen und Euregionen" stünden.

Laut einem Gutachten, das von der Willicher Firma Schmid Mobility Solutions im Auftrag der FDP-Landtagsfraktion erstellt wurde, sind die von Berlin erwarteten Einnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro zu hoch angesetzt; realistisch seien lediglich 250 Millionen Euro. Für FDP-Landeschef Christian Lindner ist die geplante Maut ohnehin "die bürokratischste Idee seit dem Dosenpfand". Dobrindts Projekt sei "von Anfang an verkorkst". Auch NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) hält nichts von den Vignettenplänen. Seiner Ansicht nach wäre es wirkungsvoller, alle Lkw ab 3,5 Tonnen mit einer Maut zu belegen. Sollte sich Dobrindt mit seinen Vorstellungen durchsetzen, müssten die Länder die Hälfte der Einnahmen bekommen, so Groschek.

Ende Juli hatte der bayerische Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) Ausnahmen von der Maut in Grenzregionen angeregt. Alle Landkreise entlang der Grenzen - in Bayern zu Österreich, Tschechien und zur Schweiz - sollten von der Maut ausgenommen werden. Die Maut solle erst ab dem nächsten Landkreis fällig werden. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wies ihn deshalb zurecht: Es sei nicht nötig, dass jemand "seinen Senf dazugibt".

Noch immer ist unklar, ob die vorgesehene Regelung, die nur die Ausländer treffen würde, mit dem europäischen Grundsatz der Nichtdiskriminierung vereinbar wäre. In einem Gutachten des Bundestagsdienstes wird dies bestritten.

(RP)
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