Düsseldorf NRW plant Alternative zu Dobrindts Maut

Düsseldorf · Laut NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) wird bei der Infrastruktur-Sanierung zu viel geredet und zu wenig gemacht. Die Pkw-Maut hält er für nebensächlich. Zusammen mit Niedersachsen und Baden-Württemberg will NRW ein eigenes Konzept durchsetzen.

Fragen und Antworten zur Pkw-Maut
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Foto: dpa, Marius Becker

Im Streit um die geplante Pkw-Maut machen die Protagonisten seit Monaten immer wieder neue Vorschläge. Gleichzeitig werden angebliche Kompromisse ständig zwischen den verfeindeten Parteien an die Medien durchgestochen und am nächsten Tag wieder dementiert. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) ist die Debatte leid. "Schluss mit der Maut-Maulerei. Die ganze Diskussion um die Pkw-Maut für Ausländer schadet der Infrastruktur inzwischen, weil sie mehr zur Ablenkung von den Problemen beiträgt als zu deren Lösung", sagte Groschek gestern unserer Redaktion. "Bei der Finanzierung der deutschen Verkehrsinfrastruktur fehlen 7,2 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist ein Vielfaches der Summe, um die es bei der Ausländer-Maut geht."

Bei der umstrittenen Pkw-Maut, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im kommenden Jahr einführen will, sollen Einnahmen von rund 200 Millionen Euro pro Jahr zusammenkommen. Deutsche Autofahrer sollen ihre Kosten erstattet bekommen, Ausländer nicht. Auf die Frage, ob er selbst einen besseren Lösungsansatz habe, kündigte Groschek gegenüber unserer Redaktion Folgendes an: Er will bei der nächsten Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober eine neue Bundesratsinitative einbringen. Die Zustimmung der Bundesländer Baden-Württemberg und Niedersachsen hat er nach eigenen Angaben bereits sicher. Gemeinsam mit ihnen will NRW über die Länderkammer ein neues Finanzierungssystem für die deutsche Infrastruktur durchsetzen. Die Chancen, unter den Verkehrsministern der Länder zusätzliche Unterstützer zu finden, stehen gut: Bei einem Treffen vor knapp einem Jahr stimmten die Minister dem Konzept inhaltlich bereits zu. Es wurde ihnen damals von einer Expertenkommission präsentiert. Groschek: "Es wird höchste Zeit, dass wir die Pläne, denen wir alle zugestimmt haben, vom Tisch in die Realität befördern."

Nach diesem Plan sollen für die Finanzierung der Infrastruktur zunächst fünf Milliarden Euro pro Jahr reserviert werden. Über zweckgebundene Sondervermögen und Fonds soll sichergestellt werden, dass das Geld ausschließlich in Infrastrukturprojekte fließt. Das Konzept verlangt vom Bund 2,7 Milliarden Euro aus den Steuereinnahmen des Verkehrsbereichs. Diese betragen eigentlich ohnehin mehr als 50 Milliarden, fließen aber nur zu einem Bruchteil in die Infrastruktur. Weitere 2,3 Milliarden Euro sollen durch die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen zusammen kommen. Bislang zahlen die Lkw nur auf Autobahnen und einem kleinen Teil der Bundesstraßen. Außerdem soll die Maut auf Lkw ab 7,5 Tonnen ausgedehnt werden. Noch zahlen Lkw erst ab zwölf Tonnen zulässigem Gesamtgewicht.

Das ist Alexander Dobrindt
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Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Für Groscheks These von der Nebelkerze Pkw-Maut, die den Blick auf das Wesentliche verhindert, lieferte die Bundespolitik gestern ein weiteres Beispiel. Laut "Augsburger Allgemeine" haben CDU und CSU sich darauf geeinigt, dass die Pkw-Maut nur für Autobahnen und Bundesstraßen und nicht wie ursprünglich geplant für sämtliche Straßen gelten soll. Landstraßen blieben demnach mautfrei.

Das könnte die NRW-CDU in der Tat besänftigen. Ihr Chef Armin Laschet rebelliert gegen die Pkw-Maut, weil er darin eine Gefahr für den grenznahen Einzelhandel sieht. Aus Sicht der NRW-CDU schreckt die Maut Niederländer vom Einkauf in Deutschland ab. Könnten sie die Maut nun wenigstens auf kostenfreien Nebenstraßen umgehen, würde das den befürchteten Effekt mildern.

Hätte, könnte, würde: Auch das Gerücht um die "abgespeckte" Maut drehte gestern noch zwei Runden. Zunächst bestritten sowohl das Bundesverkehrsministerium als auch CDU-Fraktionschef Volker Kauder den angeblichen Kompromiss. Am Nachmittag sagte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dann aber in einem Fernsehinterview: "Wie das am Ende ausgehen wird, für alle Straßen oder einen Teil der Straßen, werden wir sehen."

(RP)
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