SPD-Politiker Bernhard von Grünberg Bonner Lokalmatador will Röttgen schlagen

Bonn · Der CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen tritt in Bonn gegen Bernhard von Grünberg an, der den Wahlkreis 2010 klar gewonnen hatte. Sollte die SPD den Erfolg wiederholen und die CDU-Liste nicht ziehen, käme Röttgen nicht in den Landtag – der Bundesumweltminister könnte ohne Gesichtsverlust in Berlin bleiben.

Bernhard von Grünberg auf Wahlkampf-Tour
7 Bilder

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Der CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen tritt in Bonn gegen Bernhard von Grünberg an, der den Wahlkreis 2010 klar gewonnen hatte. Sollte die SPD den Erfolg wiederholen und die CDU-Liste nicht ziehen, käme Röttgen nicht in den Landtag — der Bundesumweltminister könnte ohne Gesichtsverlust in Berlin bleiben.

Bernhard von Grünberg steht im Treppenhaus des Mietshauses Thuarstraße 14 und klingelt. "Guten Tag, ich bin ihr Landtagsabgeordneter", sagt der 66-Jährige, als die Tür aufgeht. "Haben sie irgendwelche Probleme?" "Das kann man wohl sagen", antwortet Ursula S. und bittet die Gäste ins Wohnzimmer.

Mutter Helene (90) stellt den Ton der TV-Sendung "Verklag mich doch" ab. Bernhard von Grünberg nimmt auf dem Sofa Platz. Es ist das sechste Haus, in dem der SPD-Politiker an diesem Tage die Klinken putzt. Jeder, der öffnet, erhält zwei Info-Blätter und einen Apfel. 3500 Euro stellt die Partei den Direktkandidaten für den Landtagswahlkampf zur Verfügung. Da muss man haushalten.

Von Grünberg setzt ohnehin nicht auf Werbematerialen, sondern auf das persönliche Gespräch. In der Thuarstraße im Bonner Norden, einem ehemaligen Problemviertel, kennen ihn viele. Der "Felix", so von Grünbergs Spitzname, bietet schließlich schon seit mehr als 40 Jahren immer donnerstags von 18 bis 20 Uhr eine Mieter- und Sozialberatung im Rathaus an.

Schon 1975 für die SPD im Stadtrat

"Die soziale Stimme Bonns", steht auf seinen Wahlplakaten. "Gemeinsam für Gerechtigkeit." Vor zwei Jahren, als der langjährige Vorsitzende des Mieterbunds 39,8 Prozent der Stimme erhielt und die CDU mit einem Vorsprung von 6,6 Prozent auf Distanz hielt, fand das außerhalb der Stadt kaum Beachtung. Nun ist alles anders.

Norbert Röttgen, die Nummer eins der NRW-CDU, hat sich entschieden, im Wahlkreis Bonn I für die Landtagswahl zu kandidieren. Jetzt kommt es zum Duell der völlig unterschiedlichen Typen. Der smarte Bundesminister, der von Talkshow zu Talkshow tingelt, ist neu bei der Bonner CDU. Von Grünberg saß schon 1975 für die SPD im Stadtrat.

Damals bat ihn Herbert Wehner, der legendäre Fraktionsvorsitzende des SPD im Bundestag, ihm bei der Wahlkreisarbeit zu helfen. Im "schwarzen Bonn" wurde der "Rote" von Grünberg im Laufe der Jahrzehnte zu einem populären Politiker. 2010 lag sein Erststimmenanteil um zwölf Prozent über dem Zweitstimmenwert der Partei.

Nun will Norbert Röttgen dem Lokalmatadoren, der oft mit dem früheren CDU-Bundesminister Norbert Blüm verwechselt wird, den Rang ablaufen. Es sei ein Beweis des Kampfbereitschaft, dass der Bundesumweltminister in einem SPD-Wahlkreis antrete, heißt es bei der CDU. Röttgen habe einen Wahlkreis in der Nähe seiner Heimatstadt Königswinter ausgewählt.

Grünberg glaubt an Art "Exit-Strategie"

Helmut Stahl, der frühere Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, hatte den Wahlkreis 2000 und 2005 direkt gewonnen. Damals gab es allerdings noch nicht die Aufteilung in Erst- und Zweistimme. "Es war die Wahlrechtsänderung, die mir in den Landtag verhalf", sagt von Grünberg. Der SPD-Politiker geht davon aus, das sich Röttgen nicht ohne Hintergedanken für das Duell im Bonner Norden entschieden hat.

"Er hätte ja auch den Wahlkreis seines ausgeschiedenen Parteifreunds Andreas Krautscheid im Rhein-Sieg-Kreis übernehmen können", sagt von Grünberg. "Dann wäre Röttgen sicher in Düsseldorfer Landtag gewählt worden und hätte als Oppositionsführer zur Verfügung gestanden." Von Grünberg glaubt, Röttgen habe sich eine Art "Exit-Strategie" zurecht gelegt. Verliere er das Rennen um das Direktmandat, könne der Bundesumweltminister nur über die Landesliste ins Parlament einziehen. Ob die zum Zuge komme, stehe in den Sternen. "Sollte Röttgen gar nicht dem Landtag angehören bliebe ihm nichts anderes übrig als in Berlin zu bleiben. Er könnte ohne Gesichtsverlust gehen." Röttgen wollte die Spekulationen auf Anfrage nicht kommentieren.

Für die Menschen im Bonner Norden spielen strategische Planspiele keine Rolle. Bei der Tour in der Thuarstraße geht es Schimmel, schulmüde Teenager, Ärger mit zu lauten Nachbarn. "Von Grünberg engagiert sich für alle", steht auf dem Flyer, den der Kandidat bei seinen Hausbesuchen verteilt.

Röttgen hatte bei seiner Nominierung am 26. März von den Delegierten der Bonner CDU 92 Prozent der Stimmen bekommen. Ein gutes Ergebnis — in seiner Rede hatte der Bundesumweltminister angekündigt, er werde Bonn als Wahlkreisabgeordneter im Düsseldorfer Landtag "eine starke Stimme" geben. Am Montag kommt Röttgen zum nächsten "Heimspiel" in die Bundesstadt. Dann wird er gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Bonner Marktplatz auftreten.

(das)
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