Vor dem Ferienbeginn in NRW Eltern fordern Unterricht bis zum Zeugnistag

Düsseldorf · Wenige Tage vor der Zeugnisausgabe an mehr als zwei Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen gibt es bei den Eltern Unruhe über die Art und Weise, wie manche Schulen die letzten Unterrichtstage vor den Ferien gestalten. Nach der Zeugniskonferenz kommt der reguläre Unterricht oft für Wochen zum Erliegen. Eltern und Lehrerverbände fordern Projekte, die Aufarbeitung von Stofflücken oder Pflichtpraktika in dieser Zeit.

Kritik kommt etwa vom Elternverein NRW. "Manche Lehrer tun so, als sei jetzt die Zeit, um mal auf nett zu machen", sagte die Vorsitzende Regine Schwarzhoff. "Da wird viel Zeit verschwendet. Aber die Schule hat die Pflicht, auch diese Tage sinnvoll zu füllen." Schwarzhoff schlug die Aufarbeitung von Stofflücken, inhaltliche Vorarbeit fürs nächste Jahr oder Projektwochen vor: "Eine entspanntere Situation ist allen zu gönnen. Aber Unterricht muss es sein."

Von empörten Eltern ist zu hören, in manchen Klassen würden nach den Zeugniskonferenzen vor allem Filme angeschaut; andere beklagen eine extreme Wandertags-Dichte zum Schuljahresende. "An vielen Schulen könnte mehr gemacht werden", sagte Ralf Leisner, Vorsitzender der Landeselternschaft der Gymnasien: "Oft ist es sicher ein Problem der Motivation. Da ist es bequemer, einen Film zu zeigen."

Extraprogramm zur individuellen Förderung?

Leisner hält es aber für einen "frommen Wunsch", in den letzten Tagen vor den Ferien Versäumtes nachzuholen: "Man muss sich ehrlich fragen, wie viel davon wohl haften bleibt." Andererseits, sagte Leisner, gebe es viele Schulen, die die Zeit vor den Zeugnissen schon jetzt sinnvoll füllten, etwa mit Tutorien für Neuankömmlinge von anderen Schulformen, Sportfesten oder Berufsorientierung. "Dafür bleibt im Schuljahr oft keine Zeit", sagte Leisner.

Unterstützung für die Eltern kommt aus der Politik. "Ich höre die Beschwerden auch", sagte Yvonne Gebauer, schulpolitische Sprecherin der FDP im Landtag: "Ich habe nichts gegen ein Frühstück und eine Filmvorführung, aber wenn das alle machen, wird's kritisch."

Die Zeit nach den Zeugniskonferenzen sinnvoll zu nutzen, sei "eine Herausforderung für die Lehrer", sagte Gebauer: "Es ist sicher schwieriger als während des Schuljahres, die Schüler zu motivieren." Ratsam sei, sich jetzt besonders intensiv der individuellen Förderung zu widmen — ein solches Extraprogramm wiederum erfordere eine gründliche Vorbereitung seitens der Schulen. Gebauer regte auch an, Pflichtpraktika ans Ende des Schuljahrs zu legen.

"Wandertage gehören zur Schule dazu"

Stringente Zeitplanung fordert auch der Philologenverband. "Jeder Fall, in dem Schulzeit verschwendet wird, ist ein Fall zu viel", sagte Landeschef Peter Silbernagel: "Der Unterricht darf nicht wochenlang ausfransen." Natürlich dürfe das Programm an den letzten Tagen spielerischer sein: "Aber nur Ausflüge und Frühstücke sind nicht gut." FDP-Schulpolitikerin Gebauer meint: "Ein Hinweis des Ministeriums an die Schulen schadet sicher nicht."

Es sei klar, sagte ein Sprecher von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), dass die Ferien nach dem letzten Schultag begännen "und nicht vorher". Klar sei aber auch: "Außerunterrichtliche Schulveranstaltungen wie Wandertage und Ausflüge gehören zur Schule dazu. Sie sind Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags von Schule." Von Hinweisen des Ministeriums erwartet Elternvereins-Chefin Schwarzhoff nichts: "Die Einhaltung kontrolliert ja keiner." Das müssten die Eltern schon selbst in den Schulkonferenzen einfordern.

(RP)
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