NRW Jeder zehnte Polizist ist dauerkrank

Düsseldorf · Das NRW-Innenministerium hat einen Bericht zur Einsatzfähigkeit der Polizeibeamten vorgelegt. Das Ergebnis ist besorgniserregend: 4298 Ermittler sind gesundheitlich schwer angeschlagen.

In Nordrhein-Westfalen scheiden immer mehr Polizisten aus dem Dienst aus, weil sie nicht mehr arbeitsfähig sind. Eine Arbeitsgruppe des NRW-Innenministeriums kommt zu dem Ergebnis, das 4298 von rund 40.000 Polizeibeamten gesundheitlich stark belastet und nicht mehr voll einsetzbar seien. "Der Bericht wird jetzt ausgewertet", sagte ein Sprecher von Innenminister Ralf Jäger (SPD). Ziel sei es, die Leistungsfähigkeit der Polizei hochzuhalten.

In NRW sind derzeit 40 Prozent aller Polizisten älter als 50 Jahre. Arnold Plickert, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), erklärte, die hohen Krankenzahlen dürften niemanden wundern. Frühere Landesregierungen hätten die Wochenarbeitszeit und die Altersgrenze erhöht, um weniger Polizisten einstellen zu müssen. "Das rächt sich jetzt", sagte Plickert. Ein weiteres Drehen an der Lebensarbeitszeitschraube sei "unanständig".

Ausgesessene Streifenwagen-Sitze führen zu Problemen

Der ehemalige Hundertschaftsführer forderte Innenminister Jäger auf, dafür zu sorgen, dass kranke Polizisten nicht aus der Polizei gedrängt werden. "Sie müssen eine weniger gesundheitsbelastende Aufgabe bekommen — zum Beispiel ohne Schichtdienst", sagte Plickert. Das Land müsse mehr in das Gesundheitsmanagement bei der Polizei investieren.

Neben Muskel-Skelett-Erkrankungen durch ausgesessene Sitze in Funkstreifenwagen und unzureichend eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze leiden Polizisten immer häufiger auch an psychischen Erkrankungen. Leistungsverdichtung führt nach Angaben der GdP oft zu Burn-out und Schlafstörungen. Das NRW-Innenministerium verwies darauf, dass die Polizei im nächsten Jahr um 1500 Beamte verstärkt werden soll. Seit 2011 seien bereits mehr als 5700 Polizeianwärter eingestellt worden.

Theo Kruse, Innenexperte der CDU im Landtag, kritisierte, Jäger bürde den Beamten immer wieder "unnötige Aufgaben wie etwa Blitz-Marathons oder öffentlichkeitswirksame Großrazzien" auf. Er schlägt vor, die Polizei vermehrt durch Verwaltungsassistenten zu entlasten. Robert Orth, innenpolitischer Sprecher der FDP, forderte die Landesregierung auf, den Polizeiberuf besser zu bezahlen. Verena Schäffer (Grüne) verlangte eine Aufgabenkritik: Die Begleitung von Schwertransporten oder der Dienst der Bereitschaftspolizei in anderen Bundesländern müsse hinterfragt werden.

(gmv)
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