Kassierten Blogger Belohnung von SPD? Kraft-Regierung wehrt sich gegen Vorwurf

Düsseldorf · Nach Wahlkampfproblemen des CDU-Spitzenkandidaten Röttgen in NRW muss jetzt auch die SPD sich wehren. Krafts Regierung sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, nach dem Wahlkampf 2010 Dankeschön-Aufträge für Schützenhilfe gegen Ex-Ministerpräsident Rüttgers verteilt zu haben.

Hannelore Kraft - die alte und neue Ministerpräsidentin von NRW
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Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein- Westfalen ist die rot-grüne Regierung unter Erklärungsdruck geraten. Im Kern geht es um die Frage, ob die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nach dem Wahlkampf 2010 "Dankeschön-Aufträge" an die Kommunikationsagentur eines Ex-Journalisten vergeben hat. Der soll laut einem Bericht des Magazins "Stern" als anonymer Autor im Blog "Wir-in-NRW" mit Enthüllungen dazu beigetragen haben, die schwarz-gelbe Vorgängerregierung des damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) aus dem Amt zu hebeln.

Kraft selbst zeigte wenig Verständnis für den Bericht des Magazins. "Zu dem Stern-Bericht frage ich mich, was das soll? Lauter nicht belegte Unterstellungen", schreibt die Ministerpräsidentin auf ihrer Facebook-Seite. Und weiter: "In allen Vergabeverfahren erhielt das jeweils beste und wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag und es gab ein konkretes Produkt. Dies ist leider in dem Bericht unter den Tisch gefallen. Stattdessen wird eine diffuse Vermutung geäußert, ohne Fakten zu präsentieren. Aber dran ist nichts."

Krafts Regierungssprecher, Staatssekretär Thomas Breustedt, bestätigte am Mittwoch in Düsseldorf Aufträge an den Unternehmer, dementierte aber parteipolitische Motive. Demnach sind an den Inhaber der Düsseldorfer Agentur Steinkuehler seit 2010 Aufträge für Broschüren und andere Öffentlichkeitsinitiativen des Familienministeriums im Gesamtwert von rund 300.000 Euro erteilt worden. Davon seien Aufträge für rund 80.000 Euro bislang abgearbeitet worden.

"Für alle Publikationen hat es ordnungsgemäße Vergabeverfahren beziehungsweise öffentliche Aufträge gegeben", sagte Breustedt. "In allen Verfahren erhielt das beste und wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag." Die erstellten Broschüren seien von exzellenter Qualität und vergleichsweise preisgünstig. Die Unterstellung, der Ex-Journalist sei damit für Wahlkampfhilfe belohnt worden, wies Breustedt zurück. "Es wird eine diffuse Vermutung geäußert ohne Fakten zu präsentieren."

Im Wahlkampf 2010 hatte das Webblog "Wir-in-NRW" einen bis dahin einmaligen Einfluss auf die politische Meinungsbildung genommen. Unter Pseudonymen des Schriftstellers Kurt Tucholsky veröffentlichten Autoren brisante Enthüllungen, die ausschließlich Rüttgers CDU trafen. Dazu zählten Dokumente zur "Rent-a-Rüttgers-Affäre" um Angebote für bezahlte Gespräche mit dem Ministerpräsidenten sowie Peinlichkeiten aus dem E-Mail-Verkehr zwischen der Düsseldorfer Staatskanzlei und der CDU-Zentrale.

Die Junge Union forderte Kraft auf, Stellung zu beziehen und persönliche Konsequenzen zu ziehen, falls sie ihre Position als Ministerpräsidentin und SPD-Landesvorsitzende vermischt habe. "Gefälligkeitsjournalismus im Austausch gegen öffentliche Aufträge darf es nicht geben." Breustedt warf der CDU vor, einen "Schmutz-Wahlkampf" anzuzetteln.

Seit langem wurde in der Landeshauptstadt vermutet, hinter Pseudonymen wie "Theobald Tiger" verberge sich der Ex-Journalist Karl-Heinz Steinkühler. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Journalismus fühle er sich an Informantenschutz und Vertraulichkeit gebunden, antwortete er der Nachrichtenagentur dpa auf die Frage nach den Blog-Autoren. Die Unterstellung, er habe Dankeschön-Aufträge erhalten, sei "absurd".

Breustedt betonte, die Staatskanzlei habe selbst keinen Auftrag an Steinkühler vergeben. Eine Sprecherin des Familienministeriums bezifferte den Gesamtetat, den ihre Behörde zwischen 2010 und 2012 für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung habe, auf 1,5 Millionen Euro ohne zusätzliche Budgets der Fachabteilungen.

(lnw)
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