NRW-Landtagswahl Linken-Chefin wuchs im Pfarrhaus auf

Bochum · Katharina Schwabedissen ist die Spitzenkandidatin der Linkspartei bei der NRW-Wahl. Die gelernte Krankenschwester ist sich sicher, dass ihre Partei den Sprung in den Landtag schafft. "Wir können die Welt nicht ändern, aber wir können den Armen eine Stimme geben", sagte die 39-Jährige. Ortstermin in der Wahlkampfzentrale in Bochum.

Katharina Schwabedissen - die Frauenrechtlerin
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Die Wahlkampfzentrale der Linkspartei liegt in der Bochumer Fußgängerzone. Früher war in dem Geschäftshaus ein Meinungsforschungsinstitut untergebracht. Dort, wo jetzt der Konferenzsaal ist, gab es zwei Räume, die durch einen Einwegspiegel verbunden waren, damit man die Probanden unauffällig beobachten konnte. "Wie bei der Stasi", scherzte der Vermieter. Das passe ja zu den Linken. Katharina Schwabedissen schmunzelt, als sie die Anekdote über die Anmietung erzählt. So schnell lässt sie sich nicht durch Spitzen aus der Reserve locken.

Die 39-Jährige ist die Spitzenkandidatin der Linkspartei im NRW-Wahlkampf. Bislang war sie nicht im Landtag, aber sie hat mitverhandelt, als es nach der Wahl vor zwei Jahren Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen gab. Die Verhandlungen scheiterten, weil die Linke sich weigerte, die DDR als "Unrechtsregime" zu bezeichnen. Rot-Grün habe die Gespräche absichtlich vor die Wand fahren lassen, sagt Schwabedissen.

Bei Umfragen unter der Fünf-Prozent-Hürde

"Ich war 17 Jahre alt beim Mauerfall", sagt die Vorsitzende. Es stimme zwar, dass die Linke eine Nachfolgepartei der SED sei. Der Versuch, sie in die Ecke der DDR-Apologeten zu stellen, sei aber lächerlich. "Wir haben uns im Gegensatz zu den anderen Blockparteien mit der Vergangenheit auseinandergesetzt", erklärt Schwabedissen. Deswegen sei die Linke zum Beispiel für die Abschaffung von Geheimdiensten.

Die Auflösung des Verfassungsschutzes ist eine der Forderungen, über die man in Düsseldorfer Regierungskreisen den Kopf schüttelt. Die Linken seien weltfern, maßlos und aus der Mottenkiste. So hatte die Abgeordnete Anna Conrads kürzlich die Verstaatlichung eines Schienenbetriebs in Duisburg gefordert. Mit ihrem Nein zum Haushalt von SPD und Grünen habe die Partei ihre eigenes Grab geschaufelt, heißt es bei der SPD.

Nach aktuellen Erhebungen bleiben die Linken bei der Neuwahl am 13. Mai unter der Fünf-Prozent-Hürde. "Wir sind trotz der Umfragewerte optimistisch", sagt Schwabedissen. Der Wahlkampf gehe ja jetzt erst los. "Die Sozialisten in Frankreich sind auch bei vier Prozent gestartet, jetzt stehen sie bei 14 Prozent", sagt die Vorsitzende.

Die Linken setzen im Wahlkampf auf eine klare Abgrenzung zur SPD. "Löhne rauf — Ihr seid es wert", steht auf den Plakaten. "Landesarbeitsminister Guntram Schneider bezahlt noch nicht einmal seine eigenen Praktikanten", sagt die Vorsitzende. Auch bei der Bildungspolitik unternehme Rot-Grün zu wenig. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft behaupte, sie lasse kein Kind zurück.

"Das ist gelogen", behauptet Schwabedissen. Die armen Kinder lasse sie zurück. "Beim dem Programm ,Eine warme Mahlzeit für jedes Kind' wollte Rot-Grün 70 Prozent der Mittel kürzen", sagt die Linke. Wenn die SPD eine präventive Sozialpolitik machen wollte, müsste sie sich für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 53 Prozent einsetzen. Auch die Piraten hätten kein Interesse an einer sozialen Gesellschaft.

Einsatz für das Sozialticket

Markenzeichen der Linkspartei soll in den nächsten Wochen der Kampf für ein landesweites Sozialticket für Busse und Bahnen zum Preis von 15 Euro werden. "In NRW leben 2,5 Millionen Menschen in Einkommensarmut", erklärt die Spitzenkandidatin. Ein landesweites Sozialticket würde 130 Millionen Euro im Jahr kosten.

"SPD und Grüne haben uns für 2013 eine Nachbesserung von acht Millionen angeboten. Das war ein Witz. Deshalb haben wir dem Haushalt nicht zugestimmt", sagt die Spitzenkandidatin. Im Wahlkampf müssen die Linken ohne ihren Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Zimmermann auskommen. Der Politiker aus Düsseldorf ist nach der Auflösung des Landtags schwer erkrankt und liegt in einer Klinik.

Katharina Schwabedissen ist gelernte Krankenschwester. Nach der Ausbildung studierte sie in Herdecke Philosophie und Geschichte. Die Mutter von zwei Kindern stammt aus einem christlichen Elternhaus. Ihr Vater war evangelischer Pastor in Gladbeck. "Als Kind habe ich oft in der Bibel gelesen", erzählt die ehemalige Pfadfinderin. Das Gebot der Nächstenliebe solle auch in der Politik beherzigt werden. Ein frommer Wunsch. Ralf Michalowsky, einer der Strippenzieher der Linken, hatte sein Landtagsbüro zur "religionsfreien Zone" erklärt.

(RP/das/rm)
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