Die Staatssekretärin aus NRW Marlies Bredehorst ist "Co-Mutter"

Düsseldorf · Marlis Bredehorst, Staatssekretärin im NRW-Gesundheitsministerium, lebt in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Jetzt hat ihre Partnerin, die Pastorin Eli Wolf-Bredehorst, ein Baby bekommen. Wie funktioniert das Familienleben? Welche Probleme gibt es? Ein Gespräch.

 Marlis Bredehorst mit ihrer Lebenspartnerin Eli Wolf-Bredehorst (v.l.)

Marlis Bredehorst mit ihrer Lebenspartnerin Eli Wolf-Bredehorst (v.l.)

Foto: Andrea Theis

Die Staatssekretärin sieht etwas müde aus. "Der Kleine hat uns diese Nacht fünfmal wach gemacht", sagt die Spitzenpolitikerin aus dem NRW-Gesundheitsministerium und lächelt. Vor rund drei Wochen ist die Grüne "Co-Mutter" geworden. "Am 29. Juni 2012 ist David Valentin geboren, 53 Zentimeter und 3990 Gramm", steht in der Geburtsanzeige. "Wir sind dankbar und überglücklich", heißt es weiter. Keine Annonce wie viele andere. Die Eltern, Eli Wolf-Bredehorst und Marlis Bredehorst, sind ein gleichgeschlechtliches Paar.

Marlis Bredehorst sitzt am Besprechungstisch ihres Büros in der dritten Etage mit Blick auf den Rhein. Sie berichtet darüber, wie sich ihr Alltag verändert hat, seitdem der Nachwuchs da ist. "Ich versuche, meiner Frau so viel wie möglich abzunehmen", sagt die gebürtige Hamburgerin. An diesem Tag hat sie eine Gemüsepfanne mit Zucchini, Auberginen und Pilzen vorbereitet. Die Zutaten stammen aus dem Bio-Supermarkt. Jetzt, in den Parlamentsferien, bleibt genügend Zeit, um sich neben der Arbeit auch um das Wohl der Familie zu kümmern.

Viel Zuspruch nach der Geburt

Marlis Bredehorst gilt im Ministerium als Chefin, die ihre Mitarbeiter oft durch detaillierte Aktenkenntnisse verblüfft. Während der Schwangerschaft von Eli, einer evangelischen Pastorin, nahm sie an einem Geburtsvorbereitungskursus teil. Gemeinsam mit ihrer Frau und anderen Paaren übte sie an einer Puppe, wie man ein Baby hält, wie man es wickelt, ihm ein Fläschchen gibt. Die anderen Väter hätten sich nicht gewundert.

"Dabei ist es schon ungewöhnlich, wenn ein lesbisches Paar Nachwuchs bekommt", sagt Bredehorst. Nach der Geburt haben die Eltern viel Zuspruch erfahren. Auch aus konservativen Kreisen und von CDU-Politikern gingen Segenswünsche ein. Das Glück ist perfekt. Bis auf die Sorge, die die derzeitige Rechtslage dem Paar bereitet. "Danach kann ich David Valentin nur als Stiefkind adoptieren", sagt Bredehorst. Das sei ein schlimmes Wort, findet die Politikerin.

Gleichgeschlechtliche Lebenspartner sind bei den Elternrechten nicht mit heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Bredehorst kann erst nach sechs Wochen eine Stiefkindadoption beantragen. Die Mutter ist als alleinerziehend in der Geburtsurkunde eingetragen. "Das Jugendamt hat sich routinemäßig schon bei meiner Frau gemeldet und ihr Hilfe angeboten", berichtet die Grüne. Erst wenn das Familiengericht der Adoption zustimmt, erhält die "Co-Mutter" die vollen Elternrechte. Voraussetzung ist, dass ein Gesundheitszeugnis und das polizeiliche Führungszeugnis positiv ausfallen.

Seit 2002 verheitratet

Als Staatssekretärin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter ist die 55-Jährige auch für Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit in NRW politisch mitverantwortlich. Zuständig für das Adoptionsrecht ist allerdings nicht das Land, sondern die Bundesregierung. Sven Lehmann, der Parteichef der Grünen in NRW, kämpft dafür, dass Lesben und Schwule mehr Rechte bekommen.

"Lesbische Mütter und schwule Väter sind keine Eltern zweiter Klasse", sagt der Kölner. In Deutschland würden sie aber so behandelt. Es sei diskriminierend, dass homosexuellen Paaren das Adoptionsrecht vorenthalten werde. "Alle Lebensformen mit Kindern müssen gestärkt und gleichgestellt werden", fordert Lehmann. Wenn ein Kind durch Samenspende in eine lesbische Partnerschaft hinein geboren werde, müsse das Sorgerecht für beide Mütter gelten können.

Eli Wolf-Bredehorst und Marlis Bredehorst hatten sich 1997 in Hamburg kennengelernt. Das Paar zog ins Rheinland, heiratete im Jahr 2002. Seit ihrer Schwangerschaft lässt Eli Wolf-Bredehorst ihre Aufgabe als Pastorin der hessischen Landeskirche ruhen. "Wir wollen, dass David Valentin eine tolle Kindheit hat", sagt die Politikerin. "Ihm soll es an nichts fehlen."

Ein Kind, zwei Mütter. Wird der Kleine nicht irgendwann einen Vater vermissen? "Aktuelle Studien zu Regenbogenfamilien zeigen, dass dies viel weniger der Fall ist als allgemein angenommen. Und unser Sohn wird mit zwei sich liebenden Eltern und vielen männlichen Bezugspersonen groß." Sollte David Valentin Fußball-Fan werden, würde Marlis Bredehorst jedenfalls mit ins Stadion gehen. "Ein Strampelanzug mit dem Geißbock des 1. FC Köln hängt schon im Schrank", sagt sie und schmunzelt.

(gmv)
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