Düsseldorfer Landtag NRW plant Aussteigerprogramm für Salafisten

Düsseldorf · Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat ein Aussteigerprogramm für Salafisten angekündigt. Es reiche nicht, radikal-islamistischen Salafismus allein mit Repression zu bekämpfen, sagte Jäger am Freitag in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. Der Staat müsse auch Angebote schaffen, um Ausstiegswilligen und ihren Eltern zur Seite zu stehen und ihnen aus Lebenskrisen zu helfen. Zunächst sollten drei Anlaufstellen im Raum Rhein/Ruhr eingerichtet werden, sagte Jäger.

Salafisten verteilen Koran in Mönchengladbach
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Die Piratenpartei forderte die Landesregierung auf, keinesfalls einem Gesetzentwurf zuzustimmen, den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Mai der Innenministerkonferenz vorlegen will. Er will Salafisten und Hassprediger auch des Landes verweisen können. "Eine Einschränkung der Bürgerrechte kann nicht die Antwort einer freiheitlichen Gesellschaft auf Extremismus sein", sagte der Piraten-abgeordnete Frank Hermann.

Jäger wies darauf hin, dass die Mehrheit der Salafisten-Szene Deutsche seien, darunter viele deutsche Konvertiten. Insofern wäre ein Gesetz zur Ausweisung ein stumpfes Schwert. "Wir werden politischen und religiösen Extremismus nicht dadurch bekämpfen können, dass wir ihn exportieren", sagte Jäger. Wichtig sei es, im Kampf gegen Salafisten die Moschee-Vereine mit ins Boot zu holen. Nur eine Minderheit von ihnen grenze sich nicht klar von den Extremisten ab. Die Radikalisierung finde aber nicht in den Vereinen statt, sondern über das Internet.

"Die Netzwerke der Salafisten unterlaufen alle guten Aktivitäten zur Integration und zum interkulturellen Dialog", warnte der CDU-Abgeordnete Daniel Sieveke. "Wir dürfen den 4000 Salafisten in Deutschland nicht erlauben, das Zusammenleben mit vier Millionen Muslimen in Deutschland zu stören."

Die FDP forderte den Innenminister auf, den Kampf gegen Salafisten zu einem Schwerpunkt zu machen. "In Ihrer Regierungszeit ist die salafistische Szene in Nordrhein-Westfalen explodiert", sagte der FDP-Abgeordnete Robert Orth. Dies gelte etwa für die Szene in Oberhausen, Gladbeck, Solingen, Wuppertal, Düsseldorf und Bonn. Jäger dürfe sich nicht auf dem einmaligen Erfolg von Festnahmen ausruhen.

In der vergangenen Woche hatte die Polizei einen möglichen Mordanschlag radikal-islamischer Salafisten auf einen Rechtsextremen vereitelt. Der Bundesinnenminister hatte mehrere salafistische Vereine verboten.

Nach Angaben von SPD und Grünen hat sich die Zahl extremistischer Salafisten in NRW im vergangenen Jahr auf 1000 verdoppelt - 100 von ihnen gelten als gewaltbereite Dschihadisten. Die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer wies darauf hin, dass Anhänger von Salafisten und der rechtsextremen Partei Pro NRW sich gegenseitig hochschaukelten. Es sei wichtig, dass viele Bürger gegen die Rechtsextremen auf die Straße gingen.

Auch Landtagspräsidentin Carina Gödecke rief zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf. Nie wieder dürfe es zur Schwächung demokratisch legitimierter Parlamente und zur Einschränkung von Rechtsstaatlichkeit kommen. Sie erinnerte an die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes, mit dem sich das deutsche Parlament vor 80 Jahren selbst entmachtet hatte. "Die Weimarer Republik ist nicht daran gescheitert, weil sie zu starke Feinde hatte", sagte Gödecke.
"Vielmehr ist sie gescheitert, weil sie von zu wenigen Demokraten verteidigt worden ist."

Die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 23. März 1933 sei der formale Schritt zur Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur gewesen. Aus diesem Anlass müsse an die Zerbrechlichkeit der parlamentarischen Demokratie erinnert werden.

(lnw/top)
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