Kampf dem Verkehrs-Infarkt NRW will Zentrale gegen Staus

Berlin/Düsseldorf · Nordrhein-Westfalen ist mit 60.000 Staus trauriger Spitzenreiter in Deutschland. NRW-Minister Voigtsberger plant nun eine zentrale Steuerung des Verkehrs. Bundesminister Ramsauer setzt auf ein besseres Baustellenmanagement.

Zehn coole Beschäftigungen im Stau
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Foto: dpa/Oliver Berg

Allen Bemühungen von Behörden und Baufirmen zum Trotz hat sich die Zahl und Länge der Staus auf deutschen Autobahnen in diesem Jahr deutlich vergrößert. Besonders betroffen sind die Autofahrer in Nordrhein-Westfalen. Nach Auswertung von Polizeiangaben, Mitteilungen der eigenen Straßenwacht und Informationen von Staumeldern errechnete der ADAC für dieses Jahr eine Gesamtstaulänge von 450.000 Kilometern. "Das sind mindestens 50.000 Kilometer mehr als im Vorjahr", sagte Automobilclub-Präsident Peter Meyer der "Welt".

Laut ADAC liegt NRW mit 60.000 der insgesamt 189.000 Staus weit vorne, gefolgt von Berlin (30.000), Bayern (26.000) und Baden-Württemberg (18.000). Vergleichsweise freie Fahrt hatten die Autofahrer dagegen im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern — hier zählte der ADAC ganze 438 Staus.

Diesen Befund nahm Meyer zum Anlass, nach dem in der Vergangenheit forcierten Ausbau in den neuen Ländern nun vor allem zu schauen, wo im Westen dringend etwas getan werden müsse. Gegenüber unserer Zeitung lehnte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer eine solche Priorisierung vehement ab: "Ich setze mich dafür ein, dass wir die Investitionen nicht an der Himmelsrichtung, sondern am Bedarf ausrichten", betonte der CSU-Politiker.

Ramsauer setzt vor allem auf ein besseres Baustellenmanagement. Da nicht der Bund, sondern die Länder die Baustellen planen, beauftragen und betreuen, hat Ramsauer ihnen Empfehlungen in Form eines "Leitfadens Arbeitsstellenmanagement" übermittelt und zugleich die Bevölkerung aufgefordert "Schnarchbaustellen" bei ihm zu melden, um den Ländern auf die Finger zu klopfen, wenn die Optimierung nicht gelingt.

Feierabend erst bei Dunkelheit

Beispielsweise hält Ramsauer die Länder an, vor allem im Sommer auf Tageslichtbaustellen zu setzen. Das bedeute "Feierabend erst bei Dunkelheit" und könne alleine schon dazu führen, dass sich die Bauzeiten um bis zu 30 Prozent verkürzen. Versuche laufen zur Zeit auch mit Rund-um-die-Uhr-Baustellen, die zwar teuer sind, aber die ausgebauten Teilstrecken in einem Drittel der üblichen Zeit bereits wieder voll nutzbar machen. Ramsauer will Mittel zudem vom Bau neuer auf die Sanierung alter Strecken lenken, um es nicht zu plötzlichen tückischen Engpässen, etwa an baufällig werdenden Brücken, kommen zu lassen.

NRW-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) hält es nicht für überraschend, dass NRW die meisten Baustellen und Staus im Ländervergleich aufweist. Nordrhein-Westfalen sei nun einmal das wirtschaftliche Zentrum Deutschlands, zudem das bevölkerungsreichste und bei weitem verkehrsreichste Bundesland. Eine aktuelle Untersuchung habe die bisherige Expertenmeinung widerlegt, wonach sich die Ursachen für Staus angeblich gleichmäßig auf Unfälle, allgemeine Verkehrsüberlastung und Baustellen verteilten. Es stehe nun vielmehr fest, dass Baustellen zwei Drittel aller Staus auslösen.

Darauf reagiere das Land, indem es zum Beispiel verkehrsschwache Zeiten besonders nutze oder Autobahnen an Wochenenden vollständig sperren lasse, um Bauarbeiten ohne Störung durch fließenden Verkehr beschleunigen zu können, erläuterte der NRW-Minister. Für ihn bleibt das Baustellenmanagement das zentrale Thema. "Dazu wollen wir die Informationen in einer Verkehrszentrale zusammenführen, die den Verkehrsfluss lenken soll", kündigte Voigtsberger im Gespräch mit unserer Zeitung an.

(RP/jre)
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