Streit um Gesetzesnovelle in NRW Rauchverbot — die SPD rudert zurück

Düsseldorf · Bei der ersten Lesung der umstrittenen Gesetzesnovelle im Landtag signalisieren die Sozialdemokraten Gesprächsbereitschaft, pochen aber auf "rechtssicheren und konsequenten Nichtraucherschutz". Die Grünen halten die Novelle für zwingend notwendig.

Zigarette - Genuss oder Gift?
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Foto: AP

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat die geplante Verschärfung des Nichtraucherschutzes gegen massive Angriffe der Opposition als zwingend notwendig verteidigt. Die Gesetzesnovelle, die vor allem auf ein totales Rauchverbot in der Gastronomie abzielt, soll zu Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten.

Allerdings gibt es in der SPD schon seit geraumer Zeit heftige Kritik an dem Vorhaben. Für den Chef der Dortmunder SPD, Franz-Josef Drabig, ist der Vorstoß eine "Gängelung, die nichts mehr mit Gesundheitsschutz" zu tun habe.

Angesichts dieser Missstimmung in der eigenen Partei — und wohl auch, um ein Ventil für den Unmut zu schaffen — signalisierten SPD-Vertreter am Mittwoch im Landtag bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs Gesprächsbereitschaft. Ihre Fraktion sei im bevorstehenden Anhörungsverfahren offen für Änderungsvorschläge, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Britta Altenkamp.

Allerdings müssten diese Vorschläge "rechtssicher" sein, also vor Gericht Bestand haben. Bislang habe sie von der Opposition nichts dergleichen vernommen.

Emotionale Debatte

In der zum Teil sehr emotional geführten Debatte fiel auch auf, dass der SPD-Abgeordnete Günter Garbrecht auf die bekannte Erfahrung verwies, dass kein Gesetzentwurf ein Parlament so verlässt wie er dort angekommen ist. Garbrecht unterstrich aber auch, dass die Koalition einen konsequenten Nichtraucherschutz wolle.

Die drei Oppositionsparteien CDU, FDP und Piraten lehnen die geplante Verschärfung kategorisch ab. Das Ganze sei nichts anderes als Bevormundung der Bürger, entrüstete sich CDU-Fraktionschef-Karl-Josef Laumann und fragte: "Wie weit sind wir in diesem Land schon gekommen?" Er begreife nicht, dass selbst auf Brauchtumsveranstaltungen nicht geraucht werden dürfe.

Sein Fraktionskollege Peter Preuss prangerte die Regelung an, wonach bei Zuwiderhandeln der Vereinsvorstand als Veranstalter künftig mit einem Bußgeld von bis zu 2500 Euro rechnen muss: "Sie schaden massiv dem Brauchtum." Diese Strafandrohung mache "jedes ehrenamtliche Engagement kaputt", sagte Preuss voraus. Die Landesregierung zerstöre die "Kneipenkultur" und ignoriere, dass die Gastwirte zum Teil große Summen in die Schaffung von rauchfreien Zonen investiert hätten.

Lindner spricht von "Tugenddiktatur"

Christian Lindner, Fraktionschef der FDP, warf der von Hannelore Kraft (SPD) geführten Regierung vor, sie wolle aus der freiheitlichen Gesellschaft mit Verboten eine "staatliche Besserungsgesellschaft" machen und sprach von einer "Tugenddiktatur".
Auch die Piraten erklärten, das 2008 von CDU und FDP verabschiedete Gesetz zum Nichtraucherschutz müsse nicht geändert werden. Dass Rot-Grün jetzt auch die elektronische Zigarette (sogenannte E-Zigarette) in das Rauchverbot einbeziehen wolle, sei ein "Irrweg", so die Piratin Simone Brand.

Britta Altenkamp wies die Behauptung der Opposition zurück, das bestehende Gesetz habe sich bewährt. Sie erinnerte daran, dass viele Gastwirte ihre Lokale zunächst in "Raucherclubs" umgewandelt und damit das Gesetz unterlaufen hätten. Erst das Oberverwaltungsgericht Münster habe diese Raucherclubs "zerschossen".

Ministerin Steffens erklärte, das Bußgeld solle gegen Veranstalter, nicht jedoch gegen uneinsichtige Raucher verhängt werden. Die Heraufsetzung des Bußgeldes von bisher 1000 auf 2500 Euro erfolge auf ausdrücklichen Wunsch der Kommunen.

Im Sinne gleicher Wettbewerbschancen müsse das Rauchverbot in allen gastronomischen Betrieben herrschen. Die Befürchtung, dass dadurch erhebliche Umsatzeinbußen und damit ein Massensterben von Kneipen in NRW drohten, sei unbegründet, wie die Entwicklung in Bayern zeige. Nach einem Volksentscheid gilt dort seit 2010 ein striktes Rauchverbot, wie es jetzt auch in NRW geplant ist.

Rund zwei Drittel der Bevölkerung seien für strikten Nichtraucherschutz, so Steffens. Es gebe zudem weiterreichende Forderungen, etwa nach einem Rauchverbot bei Veranstaltungen unter freiem Himmel oder im Treppenhaus und auf Balkonen. Insofern habe die Landesregierung mit ihrer Gesetzesnovelle "eine Gratwanderung vollzogen". Der Schutz der Nichtraucher habe jedoch absoluten Vorrang. Passivrauchen könne nachweislich tödliche Folgen haben.

Im Übrigen finde sich auch die CDU in dem Gesetzentwurf wieder, betont die Ministerin. Auf deren Wunsch sei das Rauchverbot auf öffentlich ausgewiesenen Spielplätzen mit aufgenommen worden.

(RP/felt/csr/csi)
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