Nordrhein-Westfalen Rot-Grün will mehr Volksbegehren

Düsseldorf · In NRW soll die Mitsprache der Bürger erleichtert und das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden. Bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen gibt es aber Streit um den Kita-Beitrag und ein neues Ministerium.

NRW: Wer hat am rot-grünen Verhandlungstisch das Sagen?
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NRW: Wer hat am rot-grünen Verhandlungstisch das Sagen?

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Bei den Verhandlungen über den neuen rot-grünen Koalitionsvertrag zeichnen sich erste Ergebnisse ab. Wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Wochenende mitteilten, soll eine Verfassungskommission eingesetzt werden, die über ein umfangreiches Reformpaket beraten soll.

Dazu gehört, wie berichtet, die Senkung des Wahlalters bei Landtagswahlen von derzeit 18 auf 16 Jahre. Außerdem soll die Hürde für Volksbegehren gesenkt werden, so dass die Bürger in NRW mehr Mitsprachemöglichkeiten bekommen.

Ziel von Volksbegehren ist der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines Gesetzes. Voraussetzung ist, dass mindestens acht Prozent der stimmberechtigten Deutschen in NRW den Aufruf unterzeichnen. Das entspricht rund einer Million Unterschriften. Während es in den anderen Bundesländern pro Jahr rund 30 Volksbegehren gibt, herrscht in NRW seit Jahrzehnten Flaute: Zuletzt war 1978 ein Volksbegehren (gegen die sogenannte Koop-Schule) erfolgreich.

Wie hoch die Hürde künftig sein wird, soll in der Expertenkommission beraten werden, in der neben den Parteien Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen mitwirken sollen. Die FDP signalisierte am Wochenende bereits ihre Bereitschaft zum Mittun. Die CDU hatte vor der Landtagswahl einen Vorstoß zur Absenkung auf fünf Prozent angekündigt. Für ein solches Vorhaben ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Landtag zur Änderung der Landesverfassung nötig.

Streit um kostenlosen Kindergarten

Uneins sind sich SPD und Grüne über ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr. Das Thema sei "nicht vom Tisch", betonte Kraft nach der großen Verhandlungsrunde. Die Grünen halten dagegen, dass die Landeskasse dadurch mit bis zu 180 Millionen Euro pro Jahr belastet würde. Die Forderung der SPD passe nicht mit der Absage von Kraft an zusätzliche Ausgaben zusammen.

Kraft hatte wörtlich erklärt: "Es gibt nichts zu verteilen. Es geht darum, dass wir mit den Budgets auskommen." Für größere Ausgabensteigerungen gebe es keinen Spielraum. Zudem wolle NRW die Schuldenbremse einhalten, derzufolge ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen. Allerdings dürfe die Schuldenbremse nicht zu Lasten der Kommunen gehen, bekräftigte die Regierungschefin.

Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten, sollen jetzt sämtliche größeren Förderprogramme des Landes daraufhin untersucht werden, ob eine Umstellung auf Kreditvergabe infrage kommt. Dickster Brocken wäre die Wohnungsbauförderung, für die das Land jährlich etwa 850 Millionen Euro ausgibt. Kraft setzt eigenen Worten zufolge aber auch auf "Steigerung der Einnahmen". Gemeint ist vor allem die Einführung der Vermögensteuer nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr.

Die offenbar von der SPD geplante Zweiteilung des bisherigen Mammutministeriums für Wirtschaft, Bauen und Verkehr stößt bei den Grünen auf Skepsis. Ein zusätzliches Ministerium (das an die SPD fiele) verursache hohe Kosten, heißt es. Denkbar sei ein Neuzuschnitt der Zuständigkeiten ohne neues Ressort. Bei diesem Tauziehen geht es auch darum, wer die Zuständigkeit für die Energie bekommt, die bislang zwischen den Ministerien für Wirtschaft (SPD) und Umwelt (Grüne) aufgeteilt ist.

Neben der sozialen Vorsorge soll die Inklusion Schwerpunkt der künftigen rot-grünen Regierungsarbeit sein. Die Inklusion betreffe nicht nur den gemeinsamen Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung, sondern auch das barrierefreie Bauen und Wohnen, sagte Kraft. Löhrmann bezeichnete das bisherige Verhandlungsergebnis als "ordentlichen Zwischenstand." Allerdings gebe es noch "Konfliktfelder". Einzelheiten wollten beide Politikerinnen aber nicht nennen.

(RP/jre/csi)
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