Ärger um Steuer-CD Schäuble kontra NRW

Düsseldorf · Der Bundesfinanzminister ist alles andere als begeistert vom Kauf einer Steuer-CD mit Schweizer Bankdaten durch das Land. Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz wird zum Vor-Wahlkampf-Thema.

 Bundesfinanzminister Schäuble und sein NRW-Kollege Walter-Borjans im Oktober 2011 beim Steuerberatertag in Düsseldorf.

Bundesfinanzminister Schäuble und sein NRW-Kollege Walter-Borjans im Oktober 2011 beim Steuerberatertag in Düsseldorf.

Foto: dapd

Martin Kotthaus, Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), wusste, was ihm an diesem Montagvormittag blühte: Der Ankauf einer weiteren Steuer-CD mit sensiblen Schweizer Bankdaten durch das Land Nordrhein-Westfalen hatte über das Wochenende Wellen bis nach Berlin geschlagen.

Eine halbe Stunde lang "grillten" ihn die Hauptstadtjournalisten — und Kotthaus zeigte sich anfangs noch ganz gut gerüstet. Doch dann musste er auf die Frage, ob der Bund von dem neuen CD-Ankauf gewusst habe, ermattet eingestehen: "Wir haben davon gehört."

Steuerabkommen noch nicht in Kraft

Diese Antwort freilich ließ Spekulationen ins Kraut schießen, ob der Kauf der Steuer-CD am Ende nicht doch ein gesamtdeutsches Manöver gewesen ist und nicht allein auf das Konto der rot-grünen Düsseldorfer Landesregierung geht. Diesen Eindruck versuchten Kotthaus und sein Chef Schäuble nach Kräften zu zerstreuen: Sie seien keinesfalls erfreut über diese Aktion, ließ Kotthaus durchblicken. "Zufällige CD-Ankäufe können immer nur eine Behelfskrücke sein. Sie bieten keinen umfassenden Ansatz zur befriedigenden Besteuerung", sagte Schäuble.

Die nun gekaufte neue CD enthält dem Vernehmen nach Daten von etwa 1000 vermögenden Kunden der Privatbank Coutts in Zürich, einer Tochter der Royal Bank of Scotland.

Ginge es allein nach der Bundesregierung, träte das bereits im September 2011 unterzeichnete Steuerabkommen mit der Schweiz zügig in Kraft. Es regelt die Nachversteuerung von hinterzogenem und in der Schweiz geparktem Vermögen und sichert zugleich die Besteuerung dieser Vermögen für die Zukunft.

NRW an der Spitze der SPD-Länder

Je nach Vermögenshöhe sollen Steuersünder ihr gesamtes auf Schweizer Konten liegendes Kapital mit 21 bis 41 Prozent pauschal nachträglich versteuern. Dafür entgehen sie der Bestrafung. Für künftige Kapitalerträge wird wie in Deutschland gut 26 Prozent Abgeltungssteuer fällig. Die SPD-geführten Länder, angeführt von Nordrhein-Westfalen, lehnen das Abkommen ab, blockieren es im Bundesrat und setzen stattdessen auf Fahndungserfolge durch die Hinweise auf den Datenträgern.

NRW will diesen Weg weitergehen. "Unsere Steuerfahnder sind schon von Amts wegen dazu verpflichtet, alle Anhaltspunkte auf Steuerstraftaten zu überprüfen — auch auf Daten-CDs", so Finanzstaatssekretär Rüdiger Messal. Daran würde auch ein Inkrafttreten des Steuerabkommens nichts ändern.

Im Abkommen verbergen sich Ungerechtigkeiten

Die Landesregierung moniert, dass die im Abkommen vorgesehene Übergangsfrist es den Steuerhinterziehern ermöglicht, ihr Schwarzgeld in aller Ruhe aus der Schweiz fortzuschaffen. Außerdem führe die Anwendung des Abkommens zu einer deutlich geringeren Steuerlast, als es das geltende Recht vorsieht.

Als Beispiel nennt Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) einen Deutschen, der 2002 bei einer Schweizer Bank 1,2 Millionen Euro angelegt hat. Bei ordnungsgemäßer Besteuerung und einer angenommenen Rendite von 2,2 Prozent im Jahr käme er Ende dieses Jahres auf 1,5 Millionen Euro Ertrag und müsste dafür Einkommensteuer in Höhe von 725.000 Euro zahlen. Laut Steuerabkommen hätte er demgegenüber nur einen Einmalbetrag von 280 000 Euro zu entrichten.

"Schlicht unanständig"

Walter-Borjans hält Schätzungen für realistisch, wonach Deutsche rund 150 Milliarden Euro auf Schweizer Konten versteckt halten könnten. Allein NRW entstünde auf diese Weise ein Schaden von etwa drei Milliarden Euro.

SPD-Fraktionschef Norbert Römer weist die Kritik von CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann zurück, der von "Daten-Klau" spricht. Es sei doch der damalige CDU-Finanzminister Helmut Linssen gewesen, der 2010 die erste Steuer-CD erworben habe, kontert Römer. Damals habe die Union Beifall geklatscht. Nun versuche sie, die Steuerfahnder zu kriminalisieren.

Das Steuerabkommen sei so für die SPD nicht akzeptabel. Römer drastisch: "Ein solches Hilfsprogramm für Steuerbetrüger und ihre Helfer kommt für uns nicht infrage." Das Abkommen sei "schlicht unanständig".

(mar)
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