Affront gegen Steuerabkommen Schweiz verärgert über neue Steuer-CD

Bern · In der Schweiz hat der angebliche Kauf einer weiteren CD mit Bankdaten mutmaßlicher Steuerhinterzieher Verärgerung ausgelöst. NRW soll den Datenträger für 3,5 Millionen Euro gekaugt haben. Schweizer Politiker und Bänker sind empört und nennen das Verhalten Deutschlands "unwürdig".

Fragen und Antworten zu den Schweizer Steuer-CDs
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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Mit der Unterzeichnung ihres Steuerabkommens hätten sich Berlin und Bern im September 2011 verständigt, auf den Kauf gestohlener Daten zu verzichten, erklärten Schweizer Politiker und Wirtschaftsvertreter. "Beide Vertragspartner sind an das Abkommen gebunden, solange der Ratifizierungsprozess läuft", sagte Mario Tuor, Sprecher des zuständigen Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), der in Zürich erscheinenden "Sonntagszeitung".

Damit wird das für Anfang 2013 geplante Inkrafttreten eines Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz immer unwahrscheinlicher. Es sieht derzeit eine pauschale Nachversteuerung von illegal in die Schweiz transferiertem Vermögen vor. Im Gegenzug sollen Steuersünder für die Nachversteuerung Straffreiheit genießen. Der Kauf von Steuer-CDs wäre damit weitgehend überflüssig.

Das von der Opposition kritisierte Abkommen muss noch den Bundesrat passieren. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wollte bislang den CD-Kauf weder bestätigen noch dementieren. Der SPD-Politiker hat das Abkommen aber bereits kritisiert und ließ am Samstag verlautbaren, er wolle auf dieses Mittel nicht verzichten.

"Das ist eines Rechtsstaats unwürdig"

Die Schweizer Bankiervereinigung verlangte, Ankäufe von Steuerdaten-CDs zu unterbinden. "Sie sind illegal", sagte Banken-Sprecher Thomas Sutter der "Sonntagszeitung". Der Fraktionsvorsitzende der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Urs Schwaller, erklärte: "Ich habe absolut kein Verständnis dafür, wenn sich ein Staat als Hehler betätigt. Das ist eines Rechtsstaats unwürdig."

Der Präsident der Handelskammer Deutschland-Schweiz, Eric Sarasin, glaubt an rein politische Motive: NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wolle die Ratifizierung des Steuerabkommens in Deutschland torpedieren. Der Minister hatte am Samstag bekräftigt, dass Nordrhein-Westfalen dem Abkommen in der geplanten Form nicht zustimmen werde. "Da ist es nur folgerichtig, dass wir uns nicht schon jetzt so verhalten, als ob das Abkommen bereits gelten würde", sagte er.

Der Vertrag sieht eine pauschale Besteuerung deutscher Altvermögen bei Schweizer Banken vor. Das Schweizer Parlament hat das Abkommen Ende Mai gebilligt, der deutsche Bundesrat aber noch nicht. SPD und Grüne drohen damit, den Vertrag im Bundesrat zu blockieren. Sie halten die Regelungen für nicht weitgehend genug.

Experte: Abkommen nicht verfassungskonform

Unterdessen befürchtet der Steuerstrafrechtler Karsten Randt von der Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz womöglich nicht mit deutschem Recht vereinbar ist. "Das Abkommen verstößt gegen die Verfassung", sagte er der Zeitung "Welt am Sonntag". Es fehle der Zwang mitzumachen. So könnten sich Steuerflüchtlinge dem Abkommen gänzlich entziehen, indem sie ihr Geld noch aus der Schweiz herausschaffen.

Zudem würden Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung privilegiert. "Für sie ist die anonyme Abgeltungsteuer günstiger als eine Selbstanzeige", sagte Randt. Der Experte bezeichnete diese Ungleichbehandlung als "Konstruktionsfehler" des Abkommens. Nachverhandlungen hält er aber nicht mehr für möglich. Dafür sei es zu spät.

Das umstrittene Abkommen sieht vor, dass in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld legalisiert wird. Dafür ist eine pauschale Nachversteuerung vorgesehen. Die Steuerflüchtlinge bleiben anonym und können strafrechtlich nicht mehr belangt werden.

(dpa/dapd)
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