Verhandlungen in Nordrhein-Westfalen SPD erhält zusätzliches Ministerium

Düsseldorf · Das Mammutministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr wird zweigeteilt. Die nordrhein-westfälischen Grünen sind froh, dass sie keine Kompetenzen abgeben müssen. Doch noch wird hart gerungen: um Geld, neue Steinkohle-Kraftwerke – und um Kormorane.

NRW: Wer hat am rot-grünen Verhandlungstisch das Sagen?
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Das Mammutministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr wird zweigeteilt. Die nordrhein-westfälischen Grünen sind froh, dass sie keine Kompetenzen abgeben müssen. Doch noch wird hart gerungen: um Geld, neue Steinkohle-Kraftwerke — und um Kormorane.

Bei ihren Koalitionsverhandlungen haben sich SPD und Grüne offenbar auf die Bildung eines neuen Ministeriums verständigt. Nach Informationen unserer Redaktion wird das bisherige Mammutministerium mit den Zuständigkeiten für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr in ein Ministerium für Verkehr, Wohnen und Städtebau sowie eines für Wirtschaft und Energie aufgeteilt. Da die Grünen wie bisher auch künftig drei Minister in die Regierung schicken, fällt das neue Ressort an die SPD, die dann über neun von zwölf Ministerien verfügt.

Die Grünen hatten zunächst die Bildung eines zwölften Ministeriums aus Kostengründen abgelehnt. In der SPD wird betont, an einem zusätzlichen Ministerium führe kein Weg vorbei. Eine Neuaufteilung der Zuständigkeiten auf bestehende Ministerien komme nicht infrage, da auf diese Weise wieder Riesenressorts geschaffen würden.

Bei den Grünen heißt es, eine Neuaufteilung der Aufgabenbereiche auf die bestehenden Häuser würde eine große Kabinettsreform bedingen, für die aber keine Zeit sei, da jetzt vorrangig der Landeshaushalt für 2012 auf den Weg gebracht werden müsse.

Bei den Grünen scheint inzwischen sogar Erleichterung darüber zu bestehen, dass sie trotz eines im Vergleich zum Wahljahr 2010 schlechteren Wahlergebnisses keine Kompetenzen abgeben müssen. Der SPD könne man das neue Ministerium nicht verübeln, zumal sie sämtliche Zuständigkeiten — allerdigs gebündelt in einem Haus — bislang schon besessen habe.

Heute und morgen gehen die Verhandlungen in Düsseldorf weiter. Auch bereits erzielte Vereinbarungen stehen noch unter Finanzierungsvorbehalt. Die Koalition will zwar eine Milliarde Euro sparen, doch bei der konkreten Umsetzung gibt es immer wieder Reibungen.

So möchte die SPD die Demografiegewinne, die sich aus den zurückgehenden Schülerzahlen ergeben, dem gesamten Bildungsbereich zugute kommen lassen, während die Grünen darauf bestehen, sie im Schulbereich zu belassen, also beispielsweise keine Lehrerstellen ersatzlos zu streichen.

Umstritten ist im Bereich Industriepolitik vor allem die Frage neuer Kohlekraftwerke und ihrer Standorte. Auf Widerstand bei der SPD stößt die Forderung der Grünen, bei der Polizei 2000 Verwaltungsstellen einzusparen. Gestritten wird aber auch um "Kleinvieh" wie den Kormoran: Soll er in NRW abgeschossen werden dürfen, weil er die Fischbestände dezimiert? Die Grünen halten nichts davon. Entschieden ist der Streit wohl noch nicht.

Alle strittigen Punkte sollen spätestens am Montag im sogenannten Beichtstuhlverfahren geklärt werden. Im Landtag werden dazu die Koordinatoren der zehn rot-grünen Arbeitsgruppen nacheinander ihre Ergebnisse und noch bestehende Konflikte der Koalitionsspitze vortragen.

Dazu gehören auf SPD-Seite Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Fraktionschef Norbert Römer, Generalsekretär Michael Groschek und Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Bei den Grünen sind es Schulministerin Sylvia Löhrmann, Fraktionschef Reiner Priggen sowie die beiden Parteivorsitzenden Monika Düker und Sven Lehmann.

Die "Beichtstuhlgespräche", die im Landtag geführt werden, können sich erfahrungsgemäß bis in die Nacht hinziehen. Zu dieser ungewöhnlichen Bezeichnung erläuterte Sylvia Löhrmann: "Der Name sagt schon aus, dass es etwas Ernstes ist und dass es eine besondere Vertraulichkeit gibt."

Am Dienstagmorgen kommt noch einmal die große rot-grüne Verhandlungsrunde mit je 16 Vertretern im Düsseldorfer Bürohaus des NRW-Landkreistags zusammen, um abschließend über das Gesamtergebnis zu beraten. Anschließend werden die Landtagsfraktionen von ihren Spitzen über die Einzelheiten des ausgehandelten Koalitionsvertrags informiert.

Für 11.30 Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt, auf der die Öffentlichkeit über das Verhandlungsergebnis informiert werden soll. Am 20. Juni erfolgt die Wiederwahl von Kraft zur NRW-Regierungschefin.

(RP/csi)
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