NRW will Verbot Streit um E-Zigarette

Duisburg · Die Landesregierung will elektronische Zigaretten aus Gesundheitsgründen verbieten lassen. Doch Studien über mögliche Gefahren gibt es nicht. Die Händler wehren sich gegen das Verbot. Die Rechtslage ist unklar.

Sie stehen in langen Schlangen und warten: Im Geschäft von Peter Schmitz in Duisburg herrscht großer Andrang. "Die Leute sind wild auf die E-Zigaretten", sagt er. Manchmal seien es 60 Kunden gleichzeitig, die in seinem Laden sind — bis zu 400 würden täglich kommen. Der 46-Jährige bietet elektronische Zigaretten an, bei denen eine mit Nikotin und Aromastoffen versetzte Flüssigkeit erhitzt wird. Es entsteht ein Dampfgemisch, das der Raucher inhaliert. Das Geschäft mit den E-Zigaretten brummt. In dieser Woche eröffnete er seine zweite Filiale in Krefeld — eine dritte wird in wenigen Tagen in Mülheim folgen.

Nach dem Willen von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) soll damit bald Schluss sein. Der Verkauf von E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Kartuschen sei in NRW verboten, sagt die Ministerin. "Was derzeit auf dem Markt ist, ist nicht zugelassen." Niemand wisse, welche Inhaltsstoffe dadurch in die Lunge gelangen, argumentiert sie. Die nikotinhaltigen Flüssigkeiten fielen unter das Arzneimittelschutzgesetz. Demnach unterliegen sie einer Zulassungspflicht, die jedoch nicht erteilt worden ist. Gesundheitsschäden seien nicht auszuschließen — doch Studien über mögliche Folgeerkrankungen fehlen bislang. Lediglich eine Untersuchung der Techniker Krankenkasse kommt zu dem Ergebnis, dass der Nikotinkonsum mindestens genauso hoch sei wie bei herkömmlichen Zigaretten. Die Versicherung fordert zumindest Warnhinweise.

Peter Schmitz versteht die Proteste nicht. "Es wird kein Teer, kein Feinstaub, kein Kohlenmonoxid eingeatmet — und der Dampf ist nicht gefährlich für Nichtraucher", erklärt Schmitz. Auch der Verband der E-Zigaretten-Händler wehrt sich gegen das Verbot. "Die Rechtslage besagt eindeutig, dass die Produkte nicht durch das Arzneimittelgesetz geregelt sind", teilt ein Sprecher mit. Tatsächlich hat der Europäische Gerichtshof in Den Haag mehrfach geurteilt, dass elektrische Zigaretten und die Flüssigkeiten keine Arzneimittel sind und auch nicht als solche angeordnet werden können. In Deutschland kam das Verwaltungsgericht in Frankfurt/Oder zum gleichen Urteil. Das vom Land NRW verhängte Verbot verstieße somit eindeutig gegen geltendes EU-Recht, so der Verbandssprecher.

In Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell mehr als 100 Geschäfte, die E-Zigaretten verkaufen. Einer Umfrage des Marktforschungs-Instituts Toluna zufolge benutzen bundesweit 1,2 Millionen Raucher die High-Tech-Alternative — Tendenz steigend. "Es ist einfach eine gute Alternative, die vor allem nicht die Mitmenschen belastet", sagt die Duisburgerin Carmen Kallies.

Die einem Tintenfüller optisch ähnelnden E-Zigaretten kosten in der Anschaffung einmalig rund 50 Euro. Die sogenannten Liquids, eine Mischung aus verschiedenen Aromastoffen, die in die Elektro-Zigarette gefüllt werden, sind ab sieben Euro zu haben. Sie ersetzen den Tabak und entsprechen nach Händlerangaben dem Verbrauch von etwa sieben Schachteln Zigaretten. Die Liquids gibt es mit oder ohne Nikotin in rund 70 verschiedenen Geschmacksrichtungen, darunter etwa Käsekuchen, Brandy, Zuckerwatte oder Cappuccino.

Neben den Konsumenten schätzen auch Gastronomen die neue Zigarette. Viele Wirte hoffen, so das Nichtraucherschutzgesetz umgehen zu können, das in NRW im kommenden Jahr nochmals verschärft werden soll. "Der Dampf ist schließlich ungefährlich für die Nichtraucher", sagt Giovanni Ponti, der in Duisburg ein Restaurant besitzt. "So werden wieder mehr Gäste kommen."

Die rot-grüne Landesregierung hält dennoch an dem Verbot fest. Die Städte und Gemeinden sollen gegen den Verkauf vorgehen. Anbieter müssten mit Geld- und Freiheitsstrafen rechnen, wenn sie die E-Zigaretten weiter verkaufen, droht Steffens, die mit ihrer Position bundesweit eine Vorreiterstellung einnimmt. Denn in allen anderen Bundesländern gelten die elektronischen Glimmstängel nicht als illegal.

Der Duisburger Peter Schmitz rechnet täglich damit, dass sein Laden vom Ordnungsamt geschlossen wird. "Wir haben Angst", sagt er. "Ich habe mehr als 20 festangestellte Mitarbeiter, die nun um ihre Arbeitsplätze bangen." Es dürfe nicht sein, dass sich die Landesregierung über geltende Gerichtsurteile hinwegsetze.

(RP/rm/das/csi)
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