Gasbeitrag von Armin Laschet und Christian Lindner Weg mit der Energie-Planwirtschaft

Düsseldorf · Die Landesvorsitzenden der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet, und der FDP, Christian Lindner, kritisieren die Energiewende. Gemeinsam fordern sie einen Systemwechsel in der Energiepolitik: "Wir müssen zurück zur Marktwirtschaft im Energiesektor."

Eiltempo: Merkels Fahrplan zur Energiewende
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Foto: dapd

Fahrradfahren lernt man für gewöhnlich mit Stützrädern. Irgendwann muss man aber auf das Hilfsmittel verzichten — sonst schafft man es nie alleine. Bei der Förderung der erneuerbaren Energien ist es vergleichbar: Bleibt es bei den milliardenschweren Subventionen, werden sich die Technologien am Energiemarkt nicht eigenständig etablieren. Es ist so weit, den Erneuerbaren ihre Stützräder abzunehmen.

Strom aus Sonne, Wind und Biogas wird heute gesetzlich privilegiert. Das im Kern noch auf Rot-Grün zurückgehende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert allen Anlagebetreibern für 20 Jahre hohe Vergütungen für die Einspeisung ihres Stroms. Er muss abgenommen und bezahlt werden — egal ob die Energie überhaupt nachgefragt wird oder die Netze dafür ausgelegt sind.

Gezahlt wird für Windenergie auf offener See, auch wenn noch kein Kabel den Strom ins Netz bringt. Gezahlt wird für die Überproduktion, auch wenn der Strom kostenfrei in unsere Nachbarländer abgegeben wird. Abgenommen wird jede Kilowattstunde Solarenergie, auch wenn die Schwankungen bei der Erzeugung regional die Netzstabilität gefährden. Wir produzieren und zahlen fast grenzenlos. Der Bundespräsident hat die deutsche Energiepolitik in einem Wort zusammengefasst: Planwirtschaft.

Wir müssen zurück zur Marktwirtschaft im Energiesektor. Fachleute empfehlen dafür einen Systemwechsel: Die finanzielle Förderung einzelner Energieträger soll entfallen. Stattdessen sollen Stromhändler verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil ihres verkauften Stroms aus alternativen Energiequellen zu beziehen. Welche das sind, das entscheidet aber der Wettbewerb. Mit diesem "Quotenmodell" werden sich die effizientesten und nicht die am höchsten subventionierten Energieträger am Markt durchsetzen.

Wir fordern, einen solchen Systemwechsel umgehend einzuleiten — die Bundesregierung muss vorlegen, der Bundesrat darf nicht länger blockieren. Richtig bleibt, die fossilen Energieträger Schritt für Schritt durch kohlendioxidarme Technologien abzulösen.

Wir stehen auch zum Ausstieg aus der Kernenergie. Dieser Weg darf aber nicht teurer und riskanter werden als nötig. Es gilt, die Verbraucher vor steigenden Energiepreisen zu schützen und die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze unseres Industrielandes Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Und: Wir brauchen ein System, das auch in wind- und sonnenarmen Zeiten die Grundversorgung sichert. Rahmenbedingungen, die den Betrieb konventioneller Kraftwerke wirtschaftlich machen, sind besser als das staatliche Verbot, unwirtschaftliche Kraftwerke abzuschalten und die finanzielle Entschädigung erneut auf die Verbraucher abzuwälzen.

Auch hier gilt: Planwirtschaft schadet gerade den Stromkunden mit geringen Einkommen und gefährdet Arbeitsplätze in der Industrie. Seit nunmehr zwölf Jahren bezahlen wir alle einen Preisaufschlag für erneuerbare Energien. Die Idee war damals richtig, weil es sich sonst niemand hätte leisten wollen, Photovoltaik-Paneele auf dem Dach zu installieren oder Windkraftanlagen aufzubauen. Heute sind wir längst einige Schritte weiter: Bereits 25 Prozent des gesamten Stroms werden aus den Erneuerbaren gewonnen. Schon zum Jahr 2020 soll der Anteil auf 35 Prozent anwachsen. Das EEG setzt für diesen Weg aber völlig falsche Anreize — zum Beispiel bei den Solaranlagen. Obwohl deren Anteil an den Erneuerbaren lediglich gut 20 Prozent ausmacht, fließt über die Hälfte der gesamten Subventionen in die Solarwirtschaft.

Die deutschen Strompreise sind durch Steuern und EEG-Subventionen inzwischen die höchsten in Europa. Sie gefährden Wohlstand und Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Bleibt es bei dieser Förderpraxis mit jährlich steigenden Subventionen (augenblicklich in Höhe von 15 Milliarden Euro), wird die Energiewende eher scheitern als gelingen.

Die Akzeptanz alternativer Energieträger wird in dem Maße sinken, wie die Strompreise für Verbraucher steigen. Das produzierende Gewerbe, Handwerk und Mittelstand verlieren an Wettbewerbsfähigkeit — zum Schaden tausender Arbeitsplätze. Produziert wird dann anderswo mit geringeren Umweltauflagen und zum Schaden der weltweiten Klimaziele.

Die krasse Fehlsteuerung treibt nicht nur den Strompreis in die Höhe, sondern führt zu absurden Verteilungsergebnissen: Haushalte mit geringen Einkommen werden über die Umlage besonders belastet. Speziell die Stromkunden in Nordrein-Westfalen zahlen drauf, während Investoren und Immobilienbesitzer in Süddeutschland von den Zuschüssen für Solardächer kräftig profitieren.

Auch die rot-grüne Landesregierung von Hannelore Kraft hat eine Korrektur dieser sozialen Ungerechtigkeit im Bundesrat abgelehnt. Der Handlungsbedarf ist also groß. Das Mammutprojekt Energiewende kann nur gelingen, wenn den Anforderungen des "magischen Dreiecks" aus Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit in gleicher Weise entsprochen wird. Als Industrieland Nummer eins in Deutschland ist Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise darauf angewiesen, dass die Energieversorgung nicht nur klimaverträglich, sondern auch sicher und bezahlbar ist.

Mit dem bestehenden EEG wird das alles nicht gelingen. Unter dem Motto "produce and forget" wird jede Kilowattstunde subventioniert, selbst wenn sie nicht gebraucht wird. Das treibt die Kosten in die Höhe, und die Stromverbraucher müssen es bezahlen. Abhilfe kann nur eine Energiepolitik schaffen, die sich wieder an den Grundsätzen der Marktwirtschaft orientiert. Angebot und Nachfrage gehören zusammen.

Garantierte Vergütungssätze, Abnahmegarantie und ständig neue Eingriffe in den Markt passen dazu nicht. In einem marktwirtschaftlichen System müssen die Stromanbieter die von der Politik vorgegebene Quote an regenerativen Energien erbringen oder diese durch Grünstromzertifikate — also anderswo eingekauften Strom aus alternativen Quellen — nachweisen.

Natürlich muss es einen Bestandsschutz für unter den alten Rahmenbedingungen installierte Anlagen geben. Aber neue Investitionen sollten dem Effizienzwettbewerb unterworfen werden. Damit bremsen wir das Wachstum der kostentreibenden Anlagen aus. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen beziffert die möglichen Einsparungen durch den Systemwechsel im Vergleich zum "Weiter so" auf 52 Milliarden Euro.

Das erfolgreiche schwedische Quotensystem ist Anfang dieses Jahres auf Norwegen ausgeweitet worden. Wer hätte gedacht, dass Schweden einmal marktwirtschaftlicher handelt als Deutschland? Unser Land sollte auf den Kurs der Marktwirtschaft zurückkehren und so zum Vorreiter für eine europäische Lösung werden. Die Energiewende ist keine rein deutsche Angelegenheit. Auch hier gilt, dass sich diese Herausforderung nur mit und in Europa bewältigen lässt — und auf Dauer nur ohne helfende Stütze.

(RP/nbe)
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