Diskussion um Kita-Pflicht entbrannt Wirbel um Krafts Kita-Äußerung

Düsseldorf/Berlin · Zwei Wochen vor der Landtagswahl hat NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit einer Äußerung zur Kinderbetreuung politischen Wirbel ausgelöst. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagsszeitung (FAS) hatte die SPD-Politikerin wörtlich erklärt, der Staat müsse beim Ausbau der Betreuungsangebote in Kindertagesstätten (Kitas) "sicherstellen, dass alle Kinder da sind, statt eine Prämie für Kinder zu zahlen, damit sie fernbleiben".

Diese Bemerkung löste heftige Reaktionen aus. Die CSU sprach von einem "Anschlag auf die Freiheit der Familien". Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte: "Wer eine Kita-Pflicht ab dem ersten Geburtstag will, muss ein ziemlich verqueres Menschenbild haben. Er traut Familien pauschal weder ein eigenes Urteilsvermögen noch die Fähigkeit zu, sich sorgfältig um die Entwicklung ihrer Kinder kümmern zu können."

Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der NRW-CDU, Oliver Wittke: "Jetzt sieht man, wes Geistes Kind Frau Kraft ist. Sie will alle Kinder in staatliche Obhut geben", so Wittke zu unserer Redaktion. Die CDU lehne eine Kita-Pflicht, die Erinnerung an die frühere DDR wecke, entschieden ab: "Das ist nicht unsere Politik."

Am schärfsten äußerte sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Er bezeichnete die Äußerung von Kraft als "Anschlag auf die Freiheit der Familien". Jetzt sei "die Maske runter bei den Gegnern des Betreuungsgelds", sagte Dobrindt der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe). Dahinter stecke "nichts anderes als das altbekannte Verlangen von SPD und Grünen nach der Oberhoheit über die Kinderbetten und nach einer DDR-light", warf Dobrindt der stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden vor.

Der Spitzenkandidat der FDP, Christian Lindner, sagte: "Bevor Hannelore Kraft fordert, alle Kinder in die Kita zu schicken, sollte sie lieber das Geld abholen, dass beim Bund für den Ausbau der Betreuungsplätze in NRW bereitsteht."

Nach Angaben von CDU-Landeschef Norbert Röttgen hat das Land 38 Millionen nicht abgerufen, die der Bund für den Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung stellt.

In einer Presseerklärung wies Kraft am Sonntag jedoch den Vorwurf zurück, sie befürworte eine Kita-Pflicht. Vielmehr habe sich die NRW-SPD "ausdrücklich dagegen positioniert". Die Behauptungen von Schröder und der CSU seien "der verzweifelte, aber untaugliche Versuch, von ihrem Desaster beim Betreuungsgeld abzulenken".

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) drohte unterdessen gegenüber der "Welt" mit Verfassungsklage gegen das Betreuungsgeld. Familienministerin Schröder bot all jenen Ländern zusätzliche Hilfe des Bundes an, die Probleme damit haben, den 2013 einsetzenden Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu erfüllen. Der Rechtsanspruch sei aber "unverrückbar".

(pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort