Polizei korrigiert Angaben Nur wenige Nordafrikaner waren an Silvester in Köln

Köln · Die Kölner Polizei hatte bisher den Eindruck erweckt, sie habe an Silvester vor allem Maghrebiner kontrolliert. Neue Zahlen legen ein ganz anderes Bild nahe. Die Polizeigewerkschaft räumt Fehler ein.

 Polizeieinsatz in Köln zu Silvester: 674 Personendaten gesichert

Polizeieinsatz in Köln zu Silvester: 674 Personendaten gesichert

Foto: Oliver Berg/dpa

Der Kölner Polizei droht eine Blamage: Neue Zahlen legen den Schluss nahe, dass die zum Jahreswechsel kontrollierten jungen Männer überwiegend gar keine Nordafrikaner waren. Die Polizei hatte das bisher anders dargestellt.

Am Freitag teilte das Kölner Polizeipräsidium mit, dass insgesamt etwa "2000 nordafrikanisch beziehungsweise arabisch aussehende junge Männer" zum Hauptbahnhof und zum Deutzer Bahnhof gekommen seien. In 674 Fällen habe man gesicherte Personendaten, in 425 Fällen könne man etwas zur Nationalität sagen. Von diesen 425 Personen waren 99 Iraker, 94 Syrer, 48 Afghanen und 46 Deutsche. Lediglich 17 waren Marokkaner und nur 13 Algerier - die Quote der gesichert als Nordafrikaner Identifizierten liegt bislang also bei nur sieben Prozent.

Teilweise stellt die Polizei die Echtheit der Ausweise aber infrage: Viele vorgelegte Papiere gälten "nicht als sichere Dokumente im Sinne einer zweifelsfreien Bestimmung der Staatsangehörigkeit", hieß es in einer Mitteilung. Weil sich Nordafrikaner immer wieder als syrische Flüchtlinge ausgegeben hätten, sei nicht auszuschließen, "dass sich unter den 425 Personen noch eine größere Anzahl nordafrikanischer junger Männer befindet".

Debatte über schnellere Abschiebung

Nach den massenhaften sexuellen Übergriffen von Nordafrikanern auf Frauen in der Silvesternacht 2015/16 hatte die Kölner Polizei auch in der jüngsten Silvesternacht das Verhalten junger Männer aus Nordafrika beanstandet. Noch am Silvesterabend hatte die Kölner Polizei getwittert: "Am Hauptbahnhof werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft." Später bedauerte Polizeipräsident Jürgen Mathies die Verwendung des Begriffs "Nafri".

Am Neujahrstag hatte die Polizei erklärt, die überprüften Männer seien ganz überwiegend Nordafrikaner gewesen. Ähnlich hatte sich danach Mathies geäußert. Noch am Donnerstag sagte der Polizeipräsident nach einem Bericht der "Kölnischen Rundschau", in der Silvesternacht hätten 2000 mutmaßlich aus Nordafrika stammende junge Männer den Dom angesteuert. Gestern hieß es, bisher sei keiner der Tatverdächtigen von 2015 in der Silvesternacht 2016 angetroffen worden.

Die Korrektur platzt in die politische Debatte über die schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. Der Bundestag hatte diese Staaten 2016 zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Der Bundesrat muss dem noch zustimmen. Nach der Silvesternacht 2016/17 mit der vermeintlichen Massenankunft junger Nordafrikaner in Köln war vor allem der Druck auf die Grünen gestiegen, die Einstufung nicht zu blockieren. Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) bezeichnet Flüchtlinge aus Nordafrika als problematische Gruppe und hat sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass NRW weniger Asylbewerber aus Nordafrika aufnehmen muss.

"Die Personenkontrollen waren absolut geboten"

Jägers Ministerium erklärte auf Anfrage, bei den Angaben aus Köln zu den Nationalitäten handele es sich nur um vorläufige Ergebnisse, die daher noch nicht zu bewerten seien. Stephan Mayer, Innenexperte der Union im Bundestag, sagte: "Die Korrektur ändert nichts daran, dass der Einsatz der Polizei konsequent und erfolgreich war."

Der NRW-Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert, räumte ein: "Wir lernen daraus: Wir müssen vorsichtiger mit der frühen Nennung von Nationalitäten sein." Im Kern sei das Vorgehen der Polizei gegen die Ausländer aber richtig gewesen. "Fakt ist: Es gab Silvester Aufklärungsergebnisse der Bundespolizei, nach denen eine stark alkoholisierte Gruppe arabisch aussehender Männer gepöbelt hat, in die U-Bahn urinierte und aggressiv geworden ist. Die Personenkontrollen waren absolut geboten."

Jasper Prigge, Sprecher Landesverband Linke NRW, sieht sich in der Kritik bestätigt, die Polizei hätte die überprüften Männer nicht öffentlich nach ihrer angeblichen Herkunft benennen dürfen: "Nun ist offensichtlich, dass eine Beurteilung nach Aussehen noch nicht einmal etwas bringt. Nur das Verhalten muss Anknüpfungspunkt für polizeiliches Handeln sein."

(RP)
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