Bundesverfassungsgericht hat neuen Präseidenten Papier ist neue Spitze in Karlsruhe

Berlin/Karlsruhe (rpo). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einen neuen Präsidenten. Der Bundesrat hat am Freitag den Vorsitzenden des Ersten Senats, Hans-Jürgen Papier, gewählt.

Der bisherige Vizepräsident tritt damit die Nachfolge Jutta Limbachs an, die im April aus Altersgründen ausscheidet und die Leitung des Goethe-Instituts in München übernimmt. Der 58-jährige Papier ist Mitglied der CSU, während Limbach der SPD angehört.

Nach einem ungeschriebenen Gesetz wechseln sich Sozialdemokraten und Unionsparteien mit der Besetzung des Präsidentenpostens beim Bundesverfassungsgerichts ab. Die Amtsinhaber sind aber während ihrer Richtertätigkeit nicht parteipolitisch aktiv. Nachfolger Limbachs als Vorsitzender des für Staatsrechts zuständigen Zweiten Senats soll der von der SPD benannte Richter Winfried Hassemer werden. Als neue Richterin ist die ebenfalls den Sozialdemokraten zugerechnete Bielefelder Rechtsprofessorin Gertrude Lübbe-Wolf vorgesehen. Der Wechsel an der Spitze des Verfassungsgerichts erfolgt am 10. April mit Übergabe der Ernennungs- und Entlassungsurkunden durch Bundespräsident Johannes Rau.

Auf ihrer letzten Pressekonferenz als Gerichtspräsidentin bedauerte Limbach am Freitagabend, dass sie wegen der V-Mann-Pannen nun doch nicht mehr das von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat angestrengte Verbotsverfahren gegen die NPD zu Ende führen kann. Ob das Verfahren fortgesetzt oder neu aufgerollt wird, bleibt vorerst in der Schwebe. Limbach versicherte, die Angelegenheit werde von den acht Richtern des Zweiten Senats "weiterhin sehr ernsthaft verfolgt". Vor weiteren Entscheidungen müsse aber erst die bis 11. März angeforderte Antwort der NPD auf die Stellungnahme der Bundesregierung zu den V-Männern abgewartet werden.

Im Namen des ganzen Senats gab Limbach eine Erklärung zu Spekulationen ab, sie sei über das Verhalten der Bundesregierung in Sachen V-Mann-Einsatz bei der NPD so aufgebracht, dass sie es abgelehnt habe, Anrufe von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Innenminister Otto Schily entgegenzunehmen. Limbach betonte, die beteiligten Richter begriffen dieses Verfahren nicht als persönliche Angelegenheit und fühlten sich daher auch nicht als Person beleidigt und missachtet. Sie hätten aber für ein rechtsstaatliches und faires Verfahren zu sorgen und deshalb nicht mit einer Verfahrenspartei ohne Beteiligung der anderen telefonieren können.

Limbach und Papier berichteten über weitere wichtige anstehende Verfahren. Bereits am Dienstag verhandelt das Gericht über den Bund-Länder-Streit zur Verteilung der UMTS-Lizenzeinnahmen. Am Mittwoch wird die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Rentenbesteuerung verkündet. Noch in diesem Jahr will sich das Bundesverfassungsgericht auch mit den Klagen gegen die Ökosteuer, die Festbeträge im Gesundheitswesen, die Verfassungsmäßigkeit des Großen Lauschangriffs sowie zur Wehrpflicht und von der FDP als Wahlwerbung angesehene Anzeigen der Bundesregierung befassen.

Dagegen will das Gericht laut Papier das Verfahren um das Unterrichtsfach Lebensgestaltung-Ethik-Religion (LER) in Brandenburg für erledigt erklären, wenn die Landesregierung wie angekündigt einen Gesetzentwurf auf Grundlage des vorgelegten Vergleichs einbringt und dieser vor Beginn des neuen Schuljahrs verabschiedet wird.

(RPO Archiv)
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