Franziskus' riskante Gardinenpredigt Gegner des Papstes reagieren entsetzt

Rom · Die Schar der Franziskus-Bewunderer wird konfessionsüberschreitend größer. Besonders auffallend war am Dienstag das Lob des iranischen Botschafters auf den Philippinen. Er bezeichnete den Papst als "künftigen Heiligen" sowie "heilige Persönlichkeit". Die iranische Botschaft werde den Papst bei seiner Visite der Philippinen im Januar mit Transparenten begrüßen.

Torte, Ballons und Tanz zum Papst-Geburtstag
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Im Vatikan dagegen dürfte sich Franziskus mit seiner sensationellen Gardinenpredigt an die Adresse der Kurie neue Gegner geschaffen haben: "Malattia", "Malattia" - immer wieder verwendete Franziskus das italienische Wort für "Krankheit". "Malattia". Es war der Schlüsselbegriff einer derart drastisch noch nicht erlebten Kritik des Papstes an seiner Zentralverwaltung. Seit eh und je heißt es raunend, die Kurie sei nicht nur, aber auch eine Ansammlung fromm tuender Heuchler, Intriganten, Schmeichler, Karrieristen und Höflinge. Neu ist, dass der Chef des Ganzen nicht still verzweifelt um seine Sünder und deren allzumenschliche Schwächen weiß, sondern die "Malattia" schonungslos beim Namen nennt.

Franziskus hat vor der Heiligen Nacht in der berühmten Sala Clementina im Apostolischen Palast verbal die Peitsche geschwungen, ähnlich wie Jesus dies gegen die schachernden Tempel-Verunreiniger ganz real getan hatte.

Franziskus geißelte sogar "Geisteskrankheiten", denn er benutzte Begriffe wie Schizophrenie und "Spirituelles Alzheimer", das in der Kurie grassiere. Der Herr in Weiß diagnostizierte zudem Arroganz, Unfähigkeit zur Selbstkritik, Karrieresucht, Hartherzigkeit, die Eitelkeiten mit "selbst konstruierten Glaubensüberzeugungen".

Etwa 50 Kardinäle, darunter auch die nicht dem Franziskus-Fanclub angehörenden deutschen Traditionalisten Joachim Meisner und Paul Joseph Cordes, schauten verlegen, entsetzt oder verstört drein. Ebenso die vielen bischöflichen und erzbischöflichen Mitarbeiter der Kurie. Allein am Rand sitzende Vatikan-Laien wie Ärzte, Polizisten, Schweizergardisten durften nach der denkwürdigen "Kaltwasserbehandlung" den Fresken-Prachtsaal in dem Gefühl verlassen haben, sie habe der "Stellvertreter Christi" soeben nicht zuallererst gemeint.

Mit allen Würdenträgern und solchen, die sich dafür halten, pflegte Franziskus zum Abschiedsgruß eine kurze herzliche Unterhaltung; nicht so mit dem emeritierten Kurienkardinal Paul Josef Cordes. Der hatte zum Entsetzen vieler seiner Mitbrüder neulich einem Besucher seine Abneigung gegen den Papst so offenbart: "Es hätte schlimmer kommen können." Ein Vatikan-Intimus meinte dazu, Cordes sei wenigstens ehrlich, andere Traditionalisten in Purpur und Violett dächten genau abschätzig wie der Deutsche über den "Tango"-Theologen auf dem Stuhl Petri, sagten es jedoch nach vatikanischer Sitte nur hinter zwei vorgehaltenen Händen.

Manche, die dabei waren in der Sala Clementina und es gut meinen mit Franziskus, seufzten hernach: "Er geht mit dieser Gardinenpredigt ein hohes Risiko ein." Der Kreis der Widerständler, die den noch unvollendeten Reformer "vom anderen Ende der Welt" für einen Irrtum des Heiligen Geistes halten, dürfte damit nicht kleiner geworden sein.

(RP)
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