Rom Papst stellt Bischof wegen Missbrauchs unter Hausarrest
Rom · Die italienischen Medien reagierten mit Begeisterung: "Schock im Vatikan. Es ist das erste Mal", titelte etwa die Tageszeitung "La Repubblica" gestern anlässlich der Festnahme des ehemaligen Erzbischofs Jozef Wesolowski wegen Kindesmissbrauchs.
Tatsächlich war die Festnahme des ehemaligen polnischen Erzbischofs und Vatikan-Botschafters eine Premiere. Niemals zuvor war die Strafjustiz des Kirchenstaates wegen Kindesmissbrauchs derart drastisch gegen einen hohen Prälaten vorgegangen. Wesolowski, der in den Jahren 2008 bis 2013 als päpstlicher Botschafter in Santo Domingo tätig war, wird vorgeworfen, in mindestens vier Fällen Minderjährige in dem Karibik-Staat sexuell missbraucht zu haben. Offiziell wurde die Festnahme vom Vatikan mit der "Schwere" der Vorwürfe begründet. Weil er offenbar nicht bei bester Gesundheit ist, wird der 66-jährige Ex-Priester im Hausarrest im vatikanischen Gerichtsgebäude festgehalten. Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren. Den Prozessbeginn stellte Vatikansprecher Federico Lombardi für Ende des Jahres oder Anfang des kommenden Jahres in Aussicht.
Die meisten Beobachter interpretierten die Festnahme als Beweis für die rigide Haltung von Papst Franziskus beim Thema Kindesmissbrauch. Franziskus hatte im vergangenen Mai öffentlich versprochen, Mitglieder des Klerus, die sich solcher Verbrechen schuldig gemacht haben, nicht zu privilegieren. Neben Wesolowski ermittelt der Vatikan auch gegen zwei weitere Bischöfe.
Nach einem Bericht der "New York Times" vom 23. August wurde der Ex-Nuntius allerdings ein Jahr zuvor "heimlich" nach Rom zurückbeordert und lebte dort seither unbehelligt in einem Kloster.