Paris Paris verdrängt Deutsch aus dem Schulunterricht

Paris · "Volkswagen - das Auto" wirbt VW im französischen Fernsehen auf Deutsch. In einigen Jahren dürfte allerdings kaum ein Zuschauer mehr verstehen, was da erzählt wird, denn die Reform der Mittelschule könnte dem Deutschunterricht in Frankreich den Todesstoß verleihen.

"Die Reform tötet das Deutsch", war auf Protestplakaten von Lehrern zu lesen, die gegen die Pläne von Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem auf die Straße gingen. Deren Projekt sieht vor, schon ab dem nächsten Jahr die attraktiven Zwei-Sprachen-Klassen abzuschaffen, in denen ab Klasse sechs vor allem Deutsch und Englisch vier Jahre zweigleisig unterrichtet werden. Zudem will die junge Ministerin die sprachorientierten Europaklassen streichen.

"Die Reform der Mittelschule opfert den Deutsch-Unterricht", kritisiert der Abgeordnete Pierre-Yves Le Borgn', ein Sozialist wie Vallaud-Belkacem. Doch als Vorsitzender der deutsch-französischen Freundschaftsgruppe in der Nationalversammlung sieht er es als seine Pflicht an, sich gegen die Pläne der Parteifreundin zu wehren. "Die Grundlagen der deutsch-französischen Freundschaft brechen teilweise weg", sagt er zur Begründung im Gespräch mit unserer Zeitung. Schon der Elysée-Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich 1963 erkannte die Bedeutung des Sprachunterrichts und setzte sich zum Ziel, mehr Schülern die Sprache des Nachbarlandes nahezubringen. Errungenschaften wie das Doppelabitur Abi-Bac drohen mit der Reform nun verloren zu gehen.

Nach einem Einbruch der Schülerzahlen Ende der 90er Jahre hat sich der Anteil der Deutsch-Schüler in Frankreich derzeit bei 15 Prozent stabilisiert. Grund dafür war gerade der Zwei-Sprachen-Unterricht, der 2003 eingeführt und im Schuljahr 2013/2014 immerhin in 3850 Klassen erteilt wurde. In Kombination mit den Europaklassen konnten es die Schüler ab der sechsten Klasse damit am Ende auf fünf Stunden Deutsch pro Woche bringen - so viel wie in Deutschland am Anfang für die zweite Fremdsprache.

Doch wenn die "classes bilangues" nun wegfallen, lernen die französischen Schüler ab der siebten Klasse nur noch zweieinhalb Stunden pro Woche eine zweite Fremdsprache. Die Wahl dürfte da oft auf das für Franzosen einfachere Spanisch fallen, denn Englisch ist in gut 90 Prozent der Fälle die erste Fremdsprache - "eine Katastrophe", kommentiert der Leiter des Goethe-Instituts in Paris, Joachim Umlauf.

(RP)
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