London Parlamentarier müssen 2025 Westminster-Palast räumen

London · Zum ersten Mal seit den Bombenangriffen der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg werden britische Parlamentarier aus dem "Palast von Westminster" ausziehen, wie das Londoner Parlament offiziell heißt, um ein umfassendes Restaurierungsprogramm zu ermöglichen. Überraschend hatten am Mittwochabend 234 gegenüber 185 Abgeordneten für den Auszug gestimmt. Ein Gegenvorschlag hatte gelautet, die Renovierung parallel zum Verbleib des Unter- wie Oberhaus vorzunehmen. In diesem Fall hätten die Arbeiten allerdings wesentlich länger gedauert - bis zu 35 Jahre - und wären auch deutlich teurer geworden. Die jetzige Lösung sieht eine Abwesenheit der Parlamentarier von sechs Jahren vor bei geschätzten Baukosten von 3,5 Milliarden Pfund, umgerechnet rund vier Milliarden Euro.

Das Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Bauwerk zählt zum Weltkulturerbe der Unesco, doch die Renovierung ist seit Jahrzehnten überfällig. Zur Zeit wird der als "Big Ben" bekannte Glockenturm eingerüstet und soll über die nächsten drei Jahre generalüberholt werden. Die Sanierung des restlichen Gebäudekomplexes wird allerdings frühestens im Jahr 2025 starten.

Dabei ist die dringend geboten. Von den Dächern tropft es, die Wände sind feucht. Ungeziefer wie Mäuse, Ratten oder Tauben sind ein täglicher Anblick. Von der Decke der sieben Jahrhunderte alten "Westminister Hall" fallen Holzstücke herunter. Hinter Wänden und unter Böden lauert Asbest. Aber besonders beängstigend ist die Brandgefahr. Die Elektrik wurde nie ordentlich überholt. Als die "Times" einen Reporter in die Kavernen des Parlaments schickte, entdeckte dieser Zustände, für die er nur die Worte "Haus des Horrors" fand.

Als Ausweichquartier steht übrigens das soeben geräumte Gesundheitsministerium zur Verfügung.

(witt)
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