Kommentar Peer Steinbrück ist sein Geld wert

Berlin · Die Debatte über die Nebenjobs von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Nicht nur durch die über das Ziel hinaus gehenden Bemerkungen einiger Oppositionspolitiker, die offenbar selbst zu wenig als Redner gebucht werden.

Das ist Peer Steinbrück
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Das ist Peer Steinbrück

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Auch von Medienleuten, die sich gerne "nebenbei" als Moderatoren vermarkten und ihr Gesicht oder ihre Stimme Konzernen für Veranstaltungen leihen, sollte ein anderer Ton an den Tag gelegt werden.

Peer Steinbrück ist wenig vorzuwerfen. Der SPD-Kanzlerkandidat hat die meisten Vorträge und Reden veröffentlicht, die bei ihm direkt gebucht wurden. Ein Blick auf die Internetseite des Bundestags genügt. Dass der populäre Ex-Minister deutlich mehr als die veröffentlichungspflichtigen 7000 Euro für eine Rede bekommen dürfte, ist überdies keine Weltsensation.

Als Ex-Finanzminister kann er nicht nur mit interessanten (und lehrreichen) Berichten aus den Tagen der Finanz- und Wirtschaftskrise aufwarten, er ist auch noch ein rhetorisch versierter Politiker. Offenbar ist Steinbrück also sein Geld wert, wenn mehr als 80 Firmen ihn in drei Jahren buchen. Altkanzler wie Gerhard Schröder oder Ex-Außenminister Joschka Fischer bekommen übrigens locker 20.000 bis 40.000 Euro pro Abend. Das nennt sich Marktwirtschaft. Wenn die Eigentümer oder Gesellschafter der betroffenen Unternehmen dies zahlen, dann mögen sie es tun.

Für eine erregte öffentliche Debatte ist das Thema indes nicht geeignet. Zudem der Gesetzgeber es durchaus gewollt hat, dass Bundestagsabgeordnete nebenbei verdienen dürfen. So verlieren Berufspolitiker im Idealfall nicht den Kontakt zur Berufswelt. So lange das Mandat im Mittelpunkt steht, soll ein Berufspolitiker ruhig abseits des Plenums seiner Tätigkeit nachgehen können, sprich: Reden halten. Dass der Ökonom und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück verstärkt von der Finanzwirtschaft gebucht wird, ist nachvollziehbar.

Sozialpolitiker werden dafür vielleicht von Wohlfahrtsorganisationen angefragt, Rechtspolitiker sprechen vor Kanzleien, Umweltpolitiker vor Öko-Unternehmen. Durch die stufenweise Offenlegung der Nebenverdienste ist gewährleistet, dass die Öffentlichkeit sehen kann, wer den jeweiligen Politiker bucht. Darüber kann sich der Bürger eine Meinung bilden. Nun könnte die Politik natürlich überlegen, ob eine oder zwei weitere veröffentlichungspflichtige Einkommensstufen eingezogen werden sollten, um auch die Top-Honorare genau zu erkennen. Das ist aber nicht kriegsentscheidend. Schnell würde dann die Frage aufgeworfen, ob nicht vier oder fünf weitere Stufen noch besser wären.

Der heimliche Neid mag bei der Debatte eine Rolle spielen. Peer Steinbrück ist eben gefragter als die meisten aktiven anderen Bundestagsabgeordneten. Na und? Dass der SPD-Politiker sich von der Finanzwirtschaft "einkaufen" lässt und seine Überzeugungen verrät, kann ihm bislang jedenfalls keiner nachweisen. Abrüsten, lautet die Devise. Der Wahlkampf beginnt noch früh genug.

(brö)
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