Kommentar Gauweilers Abgang hinterlässt Scherbenhaufen in Union

Meinung | Berlin · Der "Schwarze Peter" hatte für die Union eine wichtige Funktion. Mit hemdsärmeligem Auftritt kritisierte er die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung. Sein Abgang schwächt den Zusammenhalt in der Union.

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Mit dem donnernden Abgang des CSU-Querdenkers Peter Gauweiler von der politischen Bühne, hat sich einer zurückgezogen, den Parteichef Horst Seehofer ohnehin loswerden wollte. Doch ein Sieg Seehofers ist dieser Rücktritt nicht. Im Gegenteil. Seehofer selbst hatte den streitbaren Politiker, der schon etliche Klagen gegen die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung vor dem Verfassungsgericht eingereicht hat, in die Riege seiner Stellvertreter geholt. Der Versuch den Euro-Skeptiker damit in die Regierungspolitik einzubinden und seine Anhänger in der Partei mit dem Kurs der CSU in der Euro-Frage auszusöhnen, ist damit krachend gescheitert. Seehofers berüchtigte politische Kunst, Ja und Nein gleichzeitig zu sagen und damit auch noch durchzukommen, ist in der Euro-Frage an seine Grenzen gestoßen. Denn Gauweiler war nicht bereit, eben dies in der Euro-Frage zu tun. Er blieb bei seiner Haltung, dass er den Euro-Rettungspaketen im Bundestag nicht zustimmt. Doch ein stellvertretender Parteichef, der gegen die erklärte Linie des Parteichefs stimmt, ist nicht haltbar. Das wussten die beiden Herren übrigens vorher.

Gauweiler war ein Politiker und CSU-Mann alter Schule: Er verstand sich als eine Art Sachwalter des Erbes von Franz-Josef Strauß: konservativ, unbeugsam, streitlustig. Nun könnte man meinen, die politische Kultur im Land hat sich gewandelt und die Gesellschaft modernisiert, da braucht es so einen Alten nicht mehr. Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Gauweilers wichtigstes Anliegen der vergangenen Jahre, sein Kampf gegen die Euro-Rettung ist brandaktuell. In der Unionsfraktion im Bundestag finden sich immer mehr Abgeordnete, die den Euro-Rettungspaketen aus Überzeugung und aus dem tiefen Glauben an die einheitliche Währung der Europäischen Union zugestimmt haben, denen sich bei den fortgesetzten Hilfen für Griechenland aber die Nackenhaaren sträuben. Der Widerstand ist so groß, dass dies für den Zusammenhalt der Unionsfraktion eine existenzielle Bedrohung darstellt. Umso heftiger sind die Reaktionen der Fraktionsführung, die den Laden zusammenhalten muss. Auch das laute Nachdenken des rheinischen Abgeordneten Wolfgang Bosbach über einen Rückzug aus der Politik zeigt, wie enorm der Druck auf die Nein-Sager unter den Abgeordneten ist. Nach der letzten Abstimmung über eine Verlängerung der Griechenland-Hilfen erklärten Dutzende Abgeordnete, es sei definitiv das letzte Mal gewesen, dass sie zugestimmt hätten. Wenn im Sommer ein drittes milliardenschweres Hilfspaket für Griechenland aufgelegt werden muss, droht der Unionsfraktion die bisher schlimmste Zerreißprobe.

Die Absetzbewegungen von der Union, die weiter den klaren Euro-Rettungskurs steuert, finden ja nicht nur in der Fraktion statt. Auch in der Wählerschaft wächst die Zahl derjenigen, die eher so denken wie Gauweiler, insbesondere in Bayern. Mit dem Abgang des populistisch begabten Politikers fehlt der CSU auch eine Galionsfigur, die eben diese Wähler auf dem rechten Flügel einsammelt. Die Gefahr, dass diese sich nun der AfD zuwenden ist groß. Unter dem Strich hat die Berufung des Parteirebellen Gauweilers zum Vize-Vorsitzenden der CSU also mehr geschadet als genutzt.

(qua)
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