Berlin Plagiatsvorwürfe: Druck auf Schavan steigt

Berlin · Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gerät zunehmend unter Druck, zu Plagiatsvorwürfen und angeblichen Schlampereien im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit Stellung zu nehmen. Kritik an Schavan kam auch aus ihrem eigenen Landesverband Baden-Württemberg. "In der Südwest-CDU brodelt es", sagte der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel. Löbel, der auch Mitglied im Landesvorstand ist, erinnerte daran, dass Schavan dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit ihrer Kritik an den Plagiaten in dessen Dissertation den "Todeskuss" gegeben habe: "Annette Schavan hat sich in vergleichbaren Fällen schon öffentlich geschämt, da hat die Partei noch Geschlossenheit geübt." Deshalb liege die "moralische Messlatte" für die Ministerin nun besonders hoch. Wer die Maßstäbe so hoch ansetze, "bei dem muss schon jede Fußnote in einer Dissertation stimmen. Auch ein bisschen Schummeln geht da nicht."

Die Ministerin und Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) muss sich seit Tagen anonymer Vorwürfe aus dem Internet erwehren. Auf der Plattform "Schavanplag" werden angebliche Plagiatsstellen auf mehr als 50 Seiten ihrer gut 350 Seiten starken Dissertation aus dem Jahr 1980 aufgelistet. Hauptsächlich werden ihr Mängel und "Verschleierung" beim Quellennachweis vorgeworfen – anders als bei Guttenberg, der fremde Textstellen als geistiges Eigentum ausgewiesen hatte. Die Uni Düsseldorf hat eine Untersuchung angekündigt.

SPD und Grüne forderten eine rasche Aufklärung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, betonte, für die Bildungsministerin gebe es besondere Maßstäbe. "Sie hat Vorbildfunktion für alle Studierenden in Deutschland", sagte Oppermann der "Bild am Sonntag". Die Ministerin müsse daher das größte Interesse haben, dass alle Vorwürfe um ihre Doktorarbeit schnell aufgeklärt werden. Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, forderte: "Anonyme Hinweise hin oder her, Frau Schavan muss das jetzt aufklären." SPD-Fraktionsvize Dagmar Ziegler sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Sollten die Vorwürfe zutreffen, dann ist Frau Schavan als Ministerin, gar als Wissenschaftsministerin nicht zu halten."

Der anonyme Plagiatsjäger bekräftigte seine Vorwürfe. In einem schriftlich geführten Interview mit "Spiegel Online" versicherte der Blogger, er glaube fest, dass die Universität Düsseldorf Schavan den Doktortitel entziehen werde. Schavan selbst will zu den Vorwürfen bis zum Abschluss der Überprüfung nichts mehr sagen.

(RP)
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