Düsseldorf Plötzlich im Landtag

Düsseldorf · 43 Wahlkreise hat die SPD verloren - zur Überraschung vieler CDU-Kandidaten.

Charlotte Quik ist heiser. Die letzten Tage des Wahlkampfes und die Feier am Sonntag waren zu viel für ihre Stimme. Ihre Euphorie bremst das nicht: Schließlich hat die 34-Jährige für die CDU das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Wesel III geholt - und damit den fast immer roten Wahlkreis nach zehn Jahren für ihre Partei zurückgewonnen. "Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", sagt Quik. Vor allem, da ihr Vorgänger Norbert Meesters schier übermächtig schien und vor fünf Jahren noch rund 45 Prozent der Stimmen holte.

Mit ihrer Strategie, sich am ländlich geprägten Niederrhein auch für den ländlichen Raum einzusetzen, habe sie einen Nerv getroffen. "Aber auch der Landestrend für die CDU und gegen die rot-grüne Regierung hat uns Rückenwind verschafft." Davon haben am Sonntag insgesamt 43 Unionskandidaten profitiert: So viele Wahlkreise mussten die Sozialdemokraten an die CDU abgeben - teils mit riesigen Abständen bei den Stimmzahlen.

Für die Kandidaten, die nun zu Abgeordneten werden, beginnt damit plötzlich ein neues Leben. "Ich bin total gespannt darauf, was jetzt alles kommt, das wird für mich ein neuer Lebensabschnitt", sagt Florian Braun. Der 27-jährige Kölner ist Vorsitzender der Jungen Union NRW und der jüngste Kandidat, der ein Direktmandat bei der Landtagswahl geholt hat - ebenfalls in einem Wahlkreis, der vorher von der SPD besetzt war. Im Landtag will er sich vor allem für die Digitalisierung und den Breitbandausbau in ganz NRW, aber auch für eine bessere Bildungspolitik einsetzen. Vorher muss der Angestellte im Marketing allerdings noch eine unangenehme Aufgabe erledigen: "Meinem Chef muss ich jetzt beibringen, dass ich einen neuen Hauptberuf habe: Landtagsabgeordneter."

Den Posten, aber nicht das Metier wechselt auch Jan Heinisch, der im Wahlkreis Mettmann III der SPD das Mandat weggenommen hat: Seit 13 Jahren ist er Bürgermeister in Heiligenhaus. Damit ist jetzt Schluss: "Ich darf nicht gleichzeitig Bürgermeister und Landtagsabgeordneter sein", sagt Heinisch. Sobald er nächste Woche die Wahl offiziell annimmt, verliert er sein Amt - und die Bürger in seiner Stadt müssen sich auf Neuwahlen einstellen. "Vermutlich werden die mit der Bundestagswahl stattfinden." So schnell den Schreibtisch zu räumen, falle ihm ein wenig schwer, sagt Heinisch: "Es geht jetzt alles wahnsinnig schnell."

Ebenfalls auf die Suche nach einem Nachfolger wird wohl der Unionspolitiker Frank Rock gehen müssen: Er gewann im Rhein-Erft-Kreis gegen die SPD das Direktmandat - und zwar mit mehr als 44 Prozent der Erststimmen. Bislang ist Rock im CDU-Fraktionsvorstand des Stadtrates in Hürth sowie Schulleiter der örtlichen Grundschule. Dort wird man in der Zukunft wohl auf ihn verzichten müssen.

(lai)
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