Warschau Polens Abtreibungsrecht bleibt liberal

Warschau · PiS-Parteichef Kaczynski gibt dem Druck der Demonstrantinnen nach.

Black Monday: Polinnen gehen gegen Abtreibungsverbot auf die Straße
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Polen: Tausende Frauen demonstrieren gegen Abtreibungsverbot

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Zögern war für den Machtpolitiker Jaroslaw Kaczynski noch nie eine Option. In dieser Woche aber übertraf sich der Chef der rechtspopulistischen PiS-Partei, die in Polen allein regiert, selbst. Nach vehementen Protesten Zehntausender Frauen gegen Pläne für ein totales Abtreibungsverbot zog Kaczynski die Notbremse. Er stoppte das Projekt, das eine Initiative fundamentalistischer Lebensschützer lanciert hatte, in voller Fahrt.

"Das war ein gigantisches Missverständnis", erklärte der PiS-Vorsitzende gestern im Sejm. Begonnen hatte alles am Montag, als allein in Warschau 30.000 Polinnen gegen das geplante Abtreibungsverbot demonstrierten. Landesweit traten Frauen in den Streik. Am Dienstag trommelte Kaczynski seine Getreuen zusammen, und schon am Mittwoch lehnte die PiS die Verbotspläne im Justizausschuss ab. Noch in der Nacht peitschte die Partei die zweite Lesung durch das Parlament. Gestern Morgen schließlich verwarfen die Abgeordneten die Gesetzesinitiative endgültig. In der Abstimmung votierten 352 Parlamentarier gegen das Projekt, nur 58 waren dafür.

Doch es steckt noch mehr hinter der Kehrtwende als ein panisches Erschrecken. Da ist zunächst der Konflikt in der Sache. Viele PiS-Anhänger sind erzkatholisch. Aus der Mitte dieser Gruppen stammte auch die Initiative für ein fast vollständiges Abtreibungsverbot, demzufolge eine Schwangerschaft nur noch bei einer Gefahr für das Leben der Frau hätte beendet werden dürfen. Den Ultrakonservativen und vielen hochrangigen Kirchenvertretern geht es aber auch um eine bessere Familienförderung und das Verbot pränataler Diagnostik sowie staatlich finanzierter künstlicher Befruchtungen. Um ihren Stammwählern und den Unterstützern im Episkopat entgegenzukommen, will sich die PiS nun für die anderen Anliegen der Konservativen einsetzen. "Die PiS wird sich für den Schutz des Lebens starkmachen", versprach Kaczynski.

(RP)
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