Warschau Polens Präsident billigt Teile der umstrittenen Justizreform

Warschau · Polens national-konservative Regierung hat künftig größeren Einfluss auf die Gerichte im Land. Präsident Andrzej Duda unterzeichnete gestern eines von drei Gesetzen der umstrittenen Justizreform. Gegen die beiden anderen Teile hatte Duda tags zuvor sein Veto eingelegt und sie damit zu erneuten Beratungen an das Parlament verwiesen.

Mit dem nun unterzeichneten Gesetz erhält der Justizminister das Recht, ohne Beteiligung anderer die Präsidenten der allgemeinen Gerichte zu ernennen und zu entlassen. Ein kleinerer Koalitionspartner der national-konservativen PiS schürte Spekulationen über vorgezogene Neuwahlen, denen ein PiS-Vertreter aber widersprach.

Gegen den von der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorangetriebenen Umbau der Justiz laufen seit Wochen Proteste im ganzen Land. Die Opposition sieht darin einen Versuch, die Gewaltenteilung zwischen Regierung, Parlament und Justiz abzuschaffen. In beiden Parlamentskammern hat die PiS mit anderen Parteien die Mehrheit. Der von der PiS gestützte Duda will in den nächsten zwei Monaten ebenfalls Vorschläge zu den beiden Gesetzen vorlegen, gegen die er sein Veto eingelegt hatte.

Dabei geht es um ein Gesetz, mit dem alle Richter am Obersten Gericht in den Ruhestand geschickt würden. Davon ausgenommen wären nur diejenigen, die der Justizminister auswählt. Ein zweites Gesetz würde die Abgeordneten ermächtigen, die meisten Mitglieder des Landesrichterrates zu bestimmen. Dieses unabhängige Gremium schlägt in Polen Richter vor.

Das Veto bringt nach Ansicht des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) eine "Verschnaufpause". Diese Pause sollte genutzt werden, "um Regelungen zu finden, die im Einklang stehen mit dem Prinzip der Gewaltenteilung, dem Polen als EU-Mitglied verpflichtet ist", erklärte Woidke gestern der Deutschen Presse-Agentur. Der SPD-Politiker ist Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit. Die Deutschen mahnte er zur Zurückhaltung. "Wir sollten nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt laufen", sagte Woidke dem Rundfunk Berlin-Brandenburg.

(RP)
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