Vorratsdatenspeicherung Polizisten fordern Machtwort Merkels

Berlin · Eigentlich sollte es heute bei der in Berlin tagenden Islamkonferenz um die Wohlfahrtspflege als Thema für Muslime in Deutschland gehen. Die beispiellosen Terroranschläge in Frankreich dürften jedoch auch generelle Auseinandersetzungen nötig machen. "Klar und eindeutig", so Unions-Innenexperte Stephan Mayer, müssten sich alle Teilnehmer "von den barbarischen Anschlägen in Paris distanzieren".

Aber selbst das ist dem CSU-Politiker noch zu wenig. Es gehöre auf die Tagesordnung der Islamkonferenz, "wie man der zunehmenden Radikalisierung von jungen Moslems und der Zuwendung zum Salafismus entgegenwirken kann", verlangte Mayer.

Das Bundeskabinett beginnt morgen damit, eine Liste neuer Anti-Terror-Gesetze abzuarbeiten. Danach sollen die Sicherheitsbehörden künftig die Reisefreiheit von Personen beschränken können, die erkennen lassen, in den Krieg nach Syrien oder in den Irak reisen zu wollen. Bis zu drei Jahre lang soll ihnen auch der Personalausweis entzogen werden können. Das an seiner Stelle ausgehändigte Ersatzdokument reicht nur noch zur Identifizierung im Inland und berechtigt nicht mehr dazu, Deutschland zu verlassen. Experten bezweifeln indes, wie wirksam dieser Schritt ist. Sie verweisen auf unauffällige Reisewege über die offenen Schengen-Grenzen innerhalb Europas und über den türkischen Landweg in die Nachbarregionen. Freilich sind den Behörden beim schnellsten Weg, dem Flug in Drittländer, künftig nicht mehr die Hände gebunden.

Keine Diskussionen innerhalb der Koalition sind auch bei den Gesetzesverschärfungen zu erwarten, die Justizminister Heiko Maas (SPD) in den kommenden drei Wochen durchs Kabinett bringen will. Künftig soll nicht nur die absolvierte Terror-Ausbildung in einem Islamisten-Camp unter Strafe stehen, sondern schon die bloße Vorbereitung dazu. Die CSU hatte in Wildbad Kreuth nach den Terroranschlägen von Paris angemahnt, diese Vorgaben einer UN-Resolution vom September endlich umzusetzen.

Keinen Millimeter Fortschritt gibt es jedoch im Streit um die Vorratsdatenspeicherung. Maas unterstrich seine grundlegende Ablehnung mit dem Hinweis, dass bei einer Wiedereinführung dieser Vorschrift auch alle Daten von Journalisten gespeichert würden und damit die Pressefreiheit eingeschränkt würde. "Das passt nicht zueinander", sagte Maas. Dagegen hält es Innenminister Thomas de Maizière für die Fahndung nach möglichen Komplizen von Terroristen für unerlässlich, künftig wieder vorsorglich zu speichern, wer von welchem Ort aus wie lange mit wem telefoniert oder SMS ausgetauscht hat, um auf diese Daten im Fall eines Anschlags gezielt zurückgreifen zu können.

"Ich erwarte ein Machtwort der Bundeskanzlerin zur Vorratsdatenspeicherung. Die darf ihren Innenminister nicht im Regen stehen lassen", sagte der Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Es sei bedauerlich, dass die Bundesregierung sich noch nicht über die Vorratsdatenspeicherung habe einigen können, so Wendt weiter. Dass sich Justizminister Maas gegen ein Element des Koalitionsvertrags erkläre, sei seltsam. "Ich verstehe nicht, dass sich die Koalition auf alle möglichen Punkte aus dem Koalitionsvertrag wie Mindestlohn und Mütterrente einigen kann, nicht aber auf die Vorratsdatenspeicherung", meinte der Chef der Polizeigewerkschaft.

Schärfere Gesetze will derweil auch die französische Regierung auf den Weg bringen. So sollen Überwachungen ausgeweitet und islamistische Häftlinge voneinander isoliert werden, damit sie sich nicht absprechen können.

(mar/may-/qua)
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