Jerusalem Proteste am Tempelberg dauern an

Jerusalem · Obwohl Israel die Metalldetektoren entfernt hat, kehrt keine Ruhe ein.

Wer glaubte, dass die Proteste gegen die Metalldetektoren am Tempelberg in Jerusalem aufhören würden, sobald die Detektoren entfernt werden, musste enttäuscht werden. Obschon die israelische Polizei gestern früh die umstrittenen Sicherheitsanlagen wieder abbaute, die infolge eines tödlichen Anschlags am vorvergangenen Freitag dort errichtet worden waren, wieder abbaute, weigerten sich fromme Muslime, zur Al-Aksa-Moschee zu gehen. Sie knieten sich stattdessen zum Gebet auf die Straße. Vertreter der Wakf-Stiftung, die die heilige Stätte verwaltet, erklärten, dass sie auch alternativen Sicherheitsarrangements, wie Kameras, nicht zustimmen wollen. Über die vergangenen eineinhalb Wochen sind mindestens vier Palästinenser getötet worden, drei Israelis kamen bei einem Terroranschlag zu Tode, und Hunderte Demonstranten trugen Verletzungen davon.

Um sicherzustellen, dass keine Waffen auf den Tempelberg geschmuggelt werden, erwägt Israels Polizei derzeit den Einsatz moderner Techniken wie Kameras mit Gesichtserkennung oder Kontrollapparaten, die Sprengstoff anzeigen. Jerusalem veranschlagt Kosten von 25 Millionen Euro für das "smarte" Überprüfungssystem. Bedingung für die Anlagen ist in erster Linie, dass die Zugänge zum Tempelberg offen bleiben, so dass Stauungen ausbleiben. Als viele Gläubige gleichzeitig zum Gebet gekommen waren, hatten sich an den Metalldetektoren Schlangen gebildet.

Die Entscheidung in Israels Sicherheitskabinett über die Metalldetektoren war keine einstimmige. Minister der Siedlerpartei "Das jüdische Haus" stimmten gegen die Entfernung der Anlagen. Der Abgeordnete Bezalel Schmotrisch sprach von einer "Kapitulation vor dem Terror". Auch in den Reihen der größten Partei Likud wurde Unmut laut. Dementgegen rühmte der Knesset-Abgeordnete Masud Ganaim von der arabisch-antizionistischen Vereinten Liste die "Hartnäckigkeit der religiösen muslimischen Führung, der Wakf und der politischen palästinensischen Führung", die zu einem "Sieg in der Schlacht" geführt habe.

Die Entscheidung Israels gegen die Metalldetektoren fiel nahezu zeitgleich mit der Ankündigung Jordaniens, den Botschaftswachposten, der am Vortag in Amman zwei Jordanier erschossen hatte, nach Israel ausreisen zu lassen. Die Regierung in Jerusalem stritt zwar einen Zusammenhang der beiden Entscheidungen ab. Tatsache ist, dass Jordaniens König Abdullah II. im Vorfeld der Kabinettsentscheidung telefonisch von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu forderte, die Metalldetektoren am Tempelberg entfernen zu lassen.

Jason Greenblatt, US-Sondergesandter im Nahen Osten, dürfte entscheidend mit zur Beilegung der Krise zwischen Israel und Jordanien beigetragen haben. Greenblatt erreichte am Montag Jerusalem, um in der Tempelbergkrise zu vermitteln, als der Zwischenfall an der israelischen Botschaft in Amman bekannt wurde. Dort hatte ein junger Jordanier den israelischen Wachmann mit einem Schraubenzieher angegriffen, worauf der Israeli den Angreifer erschoss und versehentlich noch einen zweiten Mann. Jordanien forderte zunächst, den israelischen Sicherheitsmann zu verhören, was Israel unter Berufung auf die Wiener Konvention ablehnte.

(RP)
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