Proteste gegen Copyright-Abkommen Proteste gegen ACTA: Worum geht es?

Berlin · Das internationale Handelsabkommen "Anti-Counterfeiting Trade Agreement" soll Urheberrechte im Netz schützen. Doch Zehntausende Netzaktivisten sind am Wochenende gegen das Vorhaben auf die Straße gegangen. Sie befürchten mehr Zensur und Überwachung.

Protestmärsche gegen ACTA-Abkommen
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Protestmärsche gegen ACTA-Abkommen

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Alles geschah still und leise, die Öffentlichkeit jedenfalls hat zunächst keine Notiz davon genommen. Am Rande einer harmlosen Landwirtschaftskonferenz in Japan unterzeichneten im Januar 22 EU-Mitgliedsstaaten das "Anti-Counterfeiting Trade Agreement", kurz Acta. Es ist ein internationales Handelsabkommen, dessen Ziel eigentlich war, den Handel mit gefälschter Markenware einzudämmen. Doch Acta kümmert sich um mehr — es soll auch das Kopieren urheberrechtlich geschützten geistigen Eigentums im Internet eindämmen.

Wenige Wochen später ist die Aufregung groß, Zehntausende demonstrierten am Wochenende gegen den Handelsvertrag. 5000 Demonstranten schätzte die Polizei in Düsseldorf, bis zu 10 000 in Berlin, 16 000 in München, 5000 in Stuttgart — laut Veranstaltern sollen deutschlandweit 110 000 Acta-Gegner ihrem Unmut Luft gemacht haben. Nach Angaben des "Stopp Acta"-Bündnisses waren Protestaktionen in 277 Städten in über 20 Ländern geplant, in Deutschland fanden in 60 Städten Demonstrationen statt.

Warum demonstrieren so viele gegen Acta?

Sie befürchten vor allem mehr Überwachung bis hin zur Zensur im Internet. Provider — das sind Firmen, die Internetadressen verkaufen und ihren Betrieb ermöglichen — sollen dem Abkommen zufolge die Daten und die Internet-Adresse (IP-Adresse) herausgeben, die bei Verstößen gegen das Urheberrecht eine Identifizierung von Personen ermöglichen. Inhaber von Urheberrechten könnten dann ihre Ansprüche juristisch durchsetzen. Um das möglich zu machen, müssten die Provider alle Aktivitäten im Internet stärker überwachen. Denn Acta macht schon die Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung strafbar, also das Nichtstun der Provider im Falle einer Fremdverwendung geistigen Eigentums.

Zudem ist das Abkommen sehr vage formuliert. Wie genau ein Staat, der dem Abkommen beigetreten ist, die Rechte von Urhebern durchsetzen soll, ist nicht klar genug geregelt. Außerdem argwöhnen die Kritiker, es habe keine öffentliche breite Debatte über das Abkommen gegeben, weil damit vor allem die Interessen der Film- und Musikindustrie oder der Großverlage verfolgt würden. Diese mächtigen Industrien wollten verhindern, dass geschützte Inhalte massenhaft heruntergeladen und ihre Erträge geschmälert würden.

Warum hat Deutschland bisher nicht unterzeichnet?

Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat Bedenken gegen das Abkommen. Die Unterzeichnung durch die Bundesregierung wurde daher am Freitag ausgesetzt. Man wolle erst abwarten, wie das Europaparlament entscheide, sagte ein Sprecher. Sollte die Bundesregierung unterzeichnen, müsste dies der Bundestag ratifizieren.

Welche Länder haben das Abkommen ausgehandelt?

Der Acta-Vertrag wurde von 38 Staaten und der EU ausgehandelt. Nicht dabei waren wichtige Schwellenländer wie China, Russland oder Brasilien. Treibende Kräfte waren die USA und Japan.

Was entgegnen die Befürworter den Demonstranten?

"Was im realen Leben verboten ist — das Kopieren fremden geistigen Eigentums — muss auch im virtuellen Leben verboten sein", sagt der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach. Es gehe um die "grundsätzliche Weichenstellung", wie die Urheberrechte im Netz geschützt werden könnten. "Die Acta-Kritiker müssten sagen, wie sie das sicherstellen wollen." Manche Protestler etwa bei den Piraten wollen Urheberrechten im Internet offenbar einen geringeren Stellenwert geben als im realen Leben. "Das Abkommen hält an den Vorstellungen eines nicht mehr zeitgemäßen Urheberrechts fest", sagt etwa Sebastian Nerz, Chef der Piratenpartei. Fremde digitale Inhalte, so die Vorstellung der Piraten, müssten straffrei genutzt werden dürfen, damit aus ihrer Vermischung im Internet neue Inhalte entstehen könnten.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Hacker die Internetseite des US-Geheimdienstes CIA sabotiert haben, um auf Acta aufmerksam zu machen?

Das ist zumindest nicht ganz ausgeschlossen. Der Angriff hatte am Freitagabend für mehrere Stunden die Webseite der CIA lahmgelegt. Auch Internetseiten der Vereinten Nationen, eines mexikanischen Bergbau-Verbandes und des US-Bundesstaates Alabama wurden angegriffen. Wer dahintersteckt, blieb unklar.

(RP)
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