Moskau Putin teilt gegen den Westen aus

Moskau · Der Kremlchef verteidigt in einem Interview die Politik seines Landes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen der Annexion der Krim nicht zum G 7-Gipfel auf Schloss Elmau eingeladen. Kurz vor Beginn des Treffens sprach sie aber mit US-Präsident Barack Obama über die Lage in der Ukraine. Nach dem Treffen erklärte die Kanzlerin, dass Deutschland und die USA eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland weiterhin von der vollständigen Umsetzung des Minsker Friedensplans für die Ukraine abhängig machen. Damit setzen beide Seiten ihre Sanktionspolitik gegen Russland unverändert fort. Es sei aber auch klar, dass Russland Partner in der Debatte über das iranische Atomprogramm oder bei einer Lösung des Bürgerkriegs in Syrien sein müsse, sagte Merkel.

Der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" gab der Kremlchef nun ein Interview, in dem er auch alle Themen, die in Elmau wichtig sein werden, ansprach. Putin verteidigte darin seine im Westen umstrittene Politik als Reaktion auf neue Gefahren für sein Land und kritisierte die USA scharf: "Das, was wir tun, ist bloß eine Antwort auf die Bedrohungen, die an unsere Adresse gerichtet sind", sagte der 62-Jährige. "Ich denke, dass sich nur ein nicht gesunder Mensch vorstellen kann, dass Russland etwa die Nato angreift", sagte Putin. In einigen Ländern werde mit solchen Ängsten spekuliert. Der Kremlchef warf den USA vor, mit derartigen Befürchtungen zu spielen, Feindbilder aufzubauen, um damit einen Führungsanspruch in der Welt zu untermauern. Auch der Konflikt in der Ukraine sei die Folge "unprofessioneller Handlungen" der USA.

"Niemand muss vor Russland Angst haben. Die Welt hat sich derartig verändert, dass sich heutzutage kein vernünftiger Mensch einen militärischen Konflikt derartigen Ausmaßes vorstellen kann. Wir haben Besseres zu tun, das kann ich Ihnen versichern."

Der russische Präsident forderte die Ukraine und die EU auf, mehr für das Konfliktgebiet Donbass zu tun. Das Angebot der Führungen der nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk, unter bestimmten Bedingungen Teil der Ukraine zu bleiben, müsse ernst genommen werden. Dazu gehöre auch eine Verfassungsreform samt Autonomierechten - wie die Möglichkeit der Regionen zu grenznahem Handel mit Russland. Es sei Aufgabe der ukrainischen Führung, die Menschen auf friedlichem Weg von den möglichen Vorzügen eines Lebens in dem Land zu überzeugen, sagte Putin. "Es ist aber unmöglich, diese Menschen mit Hilfe von Waffen zu überzeugen."

Die USA und die EU müssten zudem Druck auf die Ukraine für eine Umsetzung des Friedensplanes von Minsk ausüben. Einen Dialog der ukrainischen Regierung mit den Aufständischen im Donbass könnten nur die Europäer und die Amerikaner durchsetzen, meinte Putin.

Der Kremlchef warf dem Westen eine gegen Russland gerichtete Politik vor. Die Nato etwa bewege sich immer näher an die Grenze der Atommacht. In Norwegen seien Raketen stationiert, die Russland innerhalb von 17 Minuten erreichen könnten. Mit Blick auf die US-Raketenabwehrpläne in Europa sagte Putin, dass sein Land Fortschritte mache, diese Anlagen bei Gefahr auszuschalten.

Der EU kreidete Putin eine eigennützige Politik an, die die Interessen Russlands beim Aufbau einer Eurasischen Wirtschaftsunion außer Acht lasse: "Wenn die Länder Europas sich zusammenschließen, ist das normal, aber wenn wir auf postsowjetischem Gebiet das auch tun, wird versucht, dies als Streben Russlands nach einem Wiederaufbau irgendeines Imperiums zu erklären."

Italien ist nach dem G 7-Gipfel in Bayern das erste Land der Gruppe großer westlicher Industrienationen, das Putin besucht. Auch ein Treffen mit Papst Franziskus im Vatikan ist am Mittwoch geplant.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort