Moskau Putin und Erdogan nähern sich in Moskau an

Moskau · Als Zeichen der Versöhnung hob der russische Präsident Sanktionen gegen die Türkei teilweise auf.

Russland und die Türkei gelten nicht gerade als beste Freunde. Das hat einerseits historische Gründe: Die Truppen der osmanischen Sultane und der Moskauer beziehungsweise Petersburger Zaren bekriegten sich über Jahrhunderte hinweg. Andererseits schloss sich die moderne Türkei der Nato an und war Frontstaat gegen die Sowjetunion im Kalten Krieg. Religiöse und kulturelle Differenzen kamen hinzu. Beim gestrigen Besuch in Moskau hingegen waren der türkische Präsident Recep Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin äußerst bemüht, den Anschein zu erwecken, sie zögen am selben Strang.

Schon mit einer Geste der Entspannung hat Putin den türkischen Präsidenten empfangen: Die Regierung in Moskau hob ihre Sanktionen gegen die Türkei teilweise auf. So will Moskau in Kürze wieder türkische Arbeitnehmer ins Land lassen. Türkische Baufirmen sind in Russland sehr aktiv sind; sie bauen auch an Stadien und Hotels für die Fußball-WM 2018 mit. Die Türkei erwarte, dass Russland bald alle wirtschaftlichen Beschränkungen aufhebe, erklärte Erdogan im Anschluss vor Journalisten.

Kremlchef Putin lobte zudem die Zusammenarbeit mit Ankara im Syrienkonflikt als vertrauensvoll und effektiv: "Russland und die Türkei haben ein solides Potenzial, um auf eine neue Ebene der Zusammenarbeit zu kommen", sagte er. Es ist Erdogans zweiter Besuch in Russland seit August 2016. Bis dahin war das Verhältnis voller Spannungen. Russland und die Türkei standen nach 2011 im Syrien-Krieg auf entgegengesetzten Seiten. Als Ende 2015 ein türkischer Abfangjäger einen russischen Kampfjet abschoss, lag sogar ein militärischer Großkonflikt in der Luft. Gestern aber traf sich Putin zum dritten Mal innerhalb von sieben Monaten mit Erdogan - und beide jubelten über das unerhörte Tempo der Annäherung. Man sei sogar auf dem besten Weg, die Krise in Syrien zu lösen.

Der Grund für den Kuschelkurs liegt auf der Hand. Putin und Erdogan brauchen einander, um einen weiteren wirtschaftlichen Niedergang und eine drohende Isolation auf der weltpolitischen Bühne abzuwenden. Die beiden Autokraten hadern mit der Europäischen Union und dem Westen insgesamt, dessen freiheitlich-demokratische Grundwerte sie aus machtpolitischen und persönlichen Gründen ablehnen.

Besserung ist vorerst nicht in Sicht, im Gegenteil. Sollte Erdogan sich im April per Referendum zum Alleinherrscher am Bosporus küren lassen, wird sich die Konfrontation mit der EU vertiefen. Russland hat sich mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim bereits ins Abseits gespielt, und solange Putin die Separatisten in der Ostukraine weiter Krieg führen lässt, wird sich daran auch nichts ändern. Also reichen sich die Autokraten die Hand und vertiefen die wirtschaftliche Kooperation in den Bereichen Tourismus und Energie.

(RP)
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