Persönlich Anja Karliczek Qualität und Quote - die Neue aus Westfalen

Die neue Bildungsministerin Anja Karliczek kennt den akademischen Betrieb nicht von innen. Für manche ist das ein Problem. Nicht jedoch für Parteichefin Angela Merkel.

Der Kritik, die der designierten Bildungsministerin Anja Karliczek entgegenschlagen könnte, beugt Bundeskanzlerin Angela Merkel vor. "Ein Verteidigungsminister muss auch keine Soldatenlaufbahn absolviert haben", sagt sie. Wichtiger für eine Wissenschaftsministerin sei es, "ein offenes Herz" für die Wissenschaft zu haben.

Ob die 46-Jährige aus dem Wahlkreis Steinfurt III eben dieses Herz besitzt, ist offen. Ihre Biografie spricht nicht zwingend dafür: Die Hotelierstochter absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau, anschließend auch noch eine zur Hotelfachfrau. In dieser Funktion arbeitete sie im Familienbetrieb, auch in der Ausbildung der jungen Fachkräfte. Mit ihrem Mann, einem Piloten, hat sie drei Kinder. Aus dieser Perspektive kennt sie die Nöte im Schulalltag. Mitten im Leben stehend entschied sie sich 2003, auch noch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen aufzunehmen, das sie fünf Jahre später als Diplom-Kauffrau abschloss.

Karliczek hat also mit Sicherheit konkrete Vorstellungen zum dualen Ausbildungssystem und sie weiß, was eine gut ausgestattete Schule ausmacht. Den akademischen Betrieb kennt sie nicht von innen. Die Meinung darüber, ob ihr Werdegang als Qualifikation für das Amt der Bildungs- und Forschungsministerin befähigt, gingen beim Parteitag in Berlin auseinander. Sie reichten von "wie kann man nur" über "wunderbar, die ist CDU pur" bis hin zu "endlich eine, die die duale Ausbildung zu schätzen weiß".

Mit "CDU pur" ist gemeint, dass Karliczek im Mittelstand verankert ist, bekennende Katholikin, Mutter dreier Kinder und - das gehört bei der CDU inzwischen auch dazu - eine solide Karriere vorzuweisen hat. Sie sitzt erst seit 2013 im Bundestag. Dort erwarb sie rasch den Ruf, dass sie sich schnell in Themen einarbeiten kann, fleißig und präzise ist. Seit Ende vergangenen Jahres ist sie eine von fünf Parlamentsgeschäftsführern. Unionsfraktionschef Volker Kauder war einer ihrer Fürsprecher.

Die Nominierung zur Bildungsministerin kam für die 46-jährige Westfälin genauso überraschend wie für die deutsche Öffentlichkeit. Es war ein Anruf von Parteichefin Merkel Ende vergangene Woche. Wie sie sich nun auf das Ministeramt vorbereitet? "Fragen, fragen, fragen", gibt sie als ihre Strategie dafür aus.

Natürlich ist sie auch eine Quotenfrau. Merkel hatte versprochen, die Hälfte der Ministerposten mit Frauen zu besetzen. Zudem dürfte bei der Auswahl eine Rolle gespielt haben, dass Ministerpräsident Armin Laschet seinen mächtigen Landesverband in Nordrhein-Westfalen nicht allein von seinem parteiinternen Konkurrenten Jens Spahn prominent auf der Bundesebne vertreten sehen wollte.

Eva Quadbeck

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort