Persönlich Recep Tayyip Erdogan . . . ist nun offiziell die Nummer eins

Recep Tayyip Erdogan ist auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt. 13 Jahre führte er die von ihm mitbegründete islamisch-konservative AKP, mehr als elf Jahre lang war er Ministerpräsident. Nun ist der 60-Jährige der erste direkt vom Volk gewählte Staatspräsident. Seinen Amtseid musste er nach der Verfassung auf Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk ablegen. Vor dem Parlament in Ankara schwor er unter anderem, sich "an die Prinzipien und Reformen Atatürks und die Prinzipien der säkularen Republik" zu halten. Ein Landesvater für Türken jeder politischen Couleur wird Erdogan aber nicht sein. Noch bevor Erdogan im Parlament sprach, gab es wütende Proteste der Opposition. Seine Gegner schleuderten ein Buch mit der Geschäftsordnung und der Verfassung in Richtung des Sitzungspräsidenten. Erdogan blieb gelassen - wie schon so oft. Die außerparlamentarische Opposition ließ Erdogan von der Polizei niederknüppeln, von ihr ist seit Wochen nichts mehr zu sehen. Den bisher letzten Versuch einer regierungsfeindlichen Großdemonstration in Istanbul gab es zum ersten Jahrestag des Beginns der Gezi-Proteste Ende Mai. Die Regierungsgegner sind demoralisiert. Weder Proteste noch Korruptionsvorwürfe brachten Erdogan ernsthaft ins Wanken. Kritik aus dem Westen an seinem zunehmend autoritären Regierungsstil prallte an ihm ab. An der Spitze von Partei und Kabinett folgt ihm der bisherige Außenminister Ahmet Davutoglu nach. Noch am Abend wollte Erdogan seinen treuen Gefolgsmann mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Nach Medienberichten wird das Kabinett den Stempel Erdogans tragen. Alles andere wäre auch verwunderlich gewesen. Erdogan ist ein Taktiker - auch deshalb richtete er versöhnende Worte an seine Kritiker. Er reiche seine Hand allen 77 Millionen Türken, sagte er - "ob sie mich lieben oder nicht".

Franziska Müllers

(RP)
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