Persönlich Recep Tayyip Erdogan . . . nähert sich dem Präsidentenamt

Drei Wochen nach seinem Sieg bei den türkischen Kommunalwahlen richtet Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den Blick auf die Präsidentschaftswahl im August. Derzeit gibt es nur zwei Dinge, die seinen Wechsel in den Präsidentenpalast noch verhindern könnten: seine Sorge um einen Zerfall der Regierungspartei AKP - und eine Bewerbung von Amtsinhaber Abdullah Gül um weitere fünf Jahre. Der 60-jährige Erdogan und der drei Jahre ältere Gül, gemeinsame Mitbegründer der AKP, sind die aussichtsreichsten Bewerber, auch wenn sie ihre Absichten noch nicht öffentlich kundgetan haben. Erdogan kündigte diese Woche bei einem Treffen mit AKP-Politikern an, wenn er kandidiere, werde er sich als Präsident nicht auf zeremonielle Aufgaben beschränken, sondern weiter die politische Richtlinienkompetenz für sich beanspruchen. Die Parlamentsfraktion der AKP sprach sich jedenfalls mit großer Mehrheit für eine Kandidatur Erdogans aus.

Die unausgesprochene Rivalität zu Gül wird durch ein Gesetz angefacht, das Erdogans Geheimdienst MIT weitgehende Befugnisse bei der Überwachung von Bürgern gibt. Ein Veto Güls gegen das Gesetz brächte ihm Sympathien von AKP-Gegnern - würde aber auch neue Spannungen mit der Regierung schaffen. Einen Ämtertausch mit Erdogan lehnte Gül gestern ab.

Erdogan geht es aber nicht nur um Gül. In der AKP wird die Sorge laut, dass die Regierungspartei auseinanderbrechen könnte, wenn die Führungsfigur Erdogan nicht mehr da ist; bei einem Wechsel ins Präsidentenamt müsste Erdogan seine Parteimitgliedschaft aufgeben. Die Erinnerung an eine andere, einst sehr erfolgreiche konservative Regierungspartei wird wach: Für die "Mutterlandspartei" begann der Niedergang, als sich Ministerpräsident Turgut Özal 1989 zum Präsidenten wählen ließ. "Noch bin ich ja nicht weg", soll Erdogan den Abgeordneten gesagt haben.

(RP)
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