Tokio Revolution im japanischen Kaiserhaus

Tokio · Kaiser Akihito soll bald abdanken dürfen. Seine beliebte Enkelin, Prinzessin Mako, muss dagegen ihren Status aufgeben, weil sie heiratet.

Der ältesten Erbmonarchie der Welt stehen wechselhafte Zeiten bevor: Mitte Mai genehmigte das japanische Kabinett einen Gesetzesentwurf, der es dem amtierenden Kaiser Akihito erlaubt abzudanken - es wäre das erste Mal seit 200 Jahren, dass so etwas geschieht. Es wird erwartet, dass das Gesetz noch in der laufenden Sitzungsperiode vom Parlament gebilligt wird. Dank der Reform, die allerdings nur für ihn persönlich gilt, könnte der 83-Jährige bald in Rente gehen, es ist die Rede von Ende 2018. Der 57-jährige Kronprinz Naruhito würde dann zum 126. Tenno aufrücken. Japans Kaiserhaus führt seine Abstammung auf den mythischen Jimmu-Tenno zurück, der vor 2600 Jahren gelebt haben soll.

Kaiser Akihito, der in Japan die Rolle des Staatssymbols innehat, hatte in einer seiner seltenen Fernsehansprachen im letzten Sommer angedeutet, dass er abdanken wolle. Als Grund gab er sein fortgeschrittenes Alter an. Er habe Angst, irgendwann seinen Pflichten nicht mehr gut genug nachkommen zu können. Seither wurde in Japan diskutiert, wie es mit dem japanischen Kaiserhaus weitergehen soll. Während sich die konservative Regierung unter Premierminister Shinzo Abe dazu durchringen konnte, dem Kaiser, wie von vielen Japanern gewünscht, die Abdankung zu ermöglichen, kam sie Forderungen der Opposition nicht nach, gleichzeitig die Nachfolgeregelung zugunsten weiblicher Mitglieder des Kaiserhauses zu ändern.

Das geltende Gesetz von 1889 schreibt vor, dass nur Männer den Chrysanthemen-Thron besteigen dürfen. Das führte kurz nach der Jahrtausendwende, als Kronprinz Naruhito und seine Frau Masako keinen Sohn, sondern eine Tochter bekamen, fast zu einer Gesetzesänderung unter dem damaligen Premierminister Junichiro Koizumi. Dadurch wollte man eine drohende Nachfolgekrise abwenden. Doch sämtliche dynastischen Debatten verstummten, als die Frau von Kronprinz Naruhitos jüngerem Bruder, Kiko von Akishino, 2006 mit Hisahito einen Jungen gebar. Nun ist der gegenwärtig Zehnjährige der Dritte in der Thronfolge - und die Konservativen können erst einmal aufatmen.

Die ebenfalls Mitte Mai angekündigte Heirat von Hisahitos älterer Schwester, Prinzessin Mako, hat die Debatte um eine Änderung der Thronfolge jedoch neu entfacht. Denn Mako muss mit der Eheschließung - so will es das Gesetz - ihren Status aufgeben und das Kaiserhaus verlassen. Weibliche Mitglieder der kaiserlichen Familie dürfen keine Nebenlinien der Dynastie gründen. Selbst wenn sie einen Jungen zur Welt brächte, hätte dieser keinen Anspruch auf den Thron. Zugleich bedeutet das auch, dass sie nicht mehr für Repräsentationspflichten zur Verfügung stehen darf, was viele Japaner schon jetzt bedauern.

Prinzessin Mako wird in Japan mit Kate Middleton, der Herzogin von Cambridge, verglichen: Die älteste Enkelin des Kaisers ist beim Volk sehr beliebt. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und ihrem Studienfreund, einem angestellten Juristen, hält Japan in Atem. Die Romanze soll bereits vor fünf Jahren begonnen haben. Damals lernte sich das Paar über gemeinsame Freunde während des Studiums an der International Christian University in einem Restaurant kennen. Bereits ein Jahr später soll Komuro um Makos Hand angehalten haben. Die Prinzessin hat ihren Auserwählten bereits ihren Eltern vorgestellt, die ihre Zustimmung gaben.

Prinzessin Mako hat schon Erfahrung darin, außerhalb des goldenen Käfigs zu leben. Während ihres Bachelor- und Master-Studiums ging die ausgebildete Kuratorin zweimal für jeweils etwa ein Jahr zum Studium der Kultur- und Kunstgeschichte nach Großbritannien, und zwar inkognito. Japanische Kommilitonen sollen die junge Frau zwar erkannt, aber ihre Privatsphäre respektiert haben. Erst zum Ende ihres Aufenthaltes wurde ihre Anwesenheit offiziell bekannt gegeben. Gegenwärtig arbeitet Prinzessin Mako, die wie ihre Mutter Prinzessin Kiko hervorragend die Gebärdensprache beherrscht, drei Tage die Woche als Forscherin in einem Museum der Universität Tokio. Parallel dazu macht sie ihren Doktor an ihrer früheren Alma Mater und kommt ihren Repräsentationspflichten nach.

Ihr künftiger Gatte, Kei Komuro, der mit seiner Mutter und seinem Großvater in Yokohama südlich von Tokio lebt und dessen Vater früh starb, soll gerne kochen, Ski fahren und wie die Prinzessin sehr gut Englisch sprechen. Als 18-Jähriger machte er ein Jahr lang für die Stadt Fujisawa in seiner Heimat-Region Kanagawa als "Prinz des Meeres" Werbung, um Touristen anzulocken. Ein ehemaliger Kollege beschreibt den Violinisten als lebhaft, aufgeschlossen und freundlich.

Der frühere Bankangestellte, der einen Master-Abschluss in Wirtschaftsrecht hat, hielt sich nach der Heiratsankündigung gegenüber Reportern, die ihn an seinem Arbeitsplatz in einer Tokioter Anwaltskanzlei aufsuchten, bedeckt. Details zur Hochzeit würden bekannt gegeben, "wenn die Zeit dafür reif ist". Die offizielle Verlobung wird frühestensfür Mitte Juni erwartet.

Mit der baldigen Heirat von Prinzessin Mako mit einem Bürgerlichen hoffen viele Japaner, dass sich die Distanz zwischen dem abgeschirmten Kaiserhaus und der Bevölkerung verkleinert. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges galt der Tenno sogar als gottgleich. Als der damalige Kaiser Hirohito 1945 in einer Radioansprache die Kapitulation Japans erklärte, hörten die Japaner erstmals seine Stimme. Hirohitos Sohn, Kaiser Akihito, bestieg 1989 den Thron. Er genießt großen Respekt beim Volk, das ihn als Symbol der nationalen Einheit schätzt. Akihitos einzige Tochter Sayako war die erste Frau, die wie nun Prinzessin Mako ihren Status mit der Heirat aufgeben musste. Sie ehelichte 2005 einen Tokioter Stadtplaner. Das veränderte ihr Leben von Grund auf: Sie zog mit ihrem Mann in eine kleine Wohnung mit nur einem Schlafzimmer und machte den Führerschein. Außerdem musste sie erst einmal lernen, wie man einkauft.

(RP)
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