Vor der Landtagswahl im Mai Rot-gelbe Gedankenspiele in NRW

Düsseldorf · Ein Bündnis von SPD und FDP ist in Nordrhein-Westfalen nach den Umfragen nicht mehr ausgeschlossen. Es wäre nicht das erste Mal. In NRW haben SPD und FDP schon mehrfach ein Regierungsbündnis geschlossen. Doch das ist lange her.

 Wahlplakate von FDP und SPD vor der NRW-Landtagswahl 2012 in Düsseldorf. (Archivfoto)

Wahlplakate von FDP und SPD vor der NRW-Landtagswahl 2012 in Düsseldorf. (Archivfoto)

Foto: imago

SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hat aus ihrem Wunsch, Rot-Grün fortzusetzen, lange Zeit keinen Hehl gemacht. Angesichts des rapiden Sinkflugs der Grünen hält sie sich jedoch in letzter Zeit mit solchen Bekundungen zurück. Mit einer Partei, die nur noch sechs Prozent auf die Waage bringt, kann sie keinen Staat machen, keine Regierungsmehrheit zusammenbringen.

Man hat sogar den Eindruck, als wollte die SPD die Grünen, die für sie zur Belastung geworden sind, am liebsten abschütteln. Verkehrsminister Michael Groschek beispielsweise beklagt sich über eine "durchgrünte Gesellschaft", während Wirtschaftsminister Garrelt Duin, Sozialdemokrat wie Groschek, erklärtermaßen dafür sorgen will, dass eine neue SPD-geführte Landesregierung ein "stärkeres Signal Richtung Industrie und Wirtschaft" aussendet. Gemeint ist beide Male dasselbe: am besten ohne Grüne.

Landes-FDP hat eine Ampel ausgeschlossen

Neben der großen Koalition mit der CDU könnte nach der NRW-Wahl auch ein rot-rot-grünes Bündnis möglich sein — oder eben eine Koalition allein mit den Liberalen. FDP-Chef Christian Lindner wäre einer solchen Konstellation durchaus zugetan, während er einen "Dreier" unter Beteiligung der Grünen kategorisch ausschließt. Seine Partei wolle die rot-grüne Regierung ablösen und ihr nicht als "Steigbügelhalter" zur Fortsetzung verhelfen, betont Lindner bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Joachim Stamp, der neuer Fraktionsvorsitzender und wohl auch Parteichef in NRW werden wird, wenn Lindner nach Berlin wechselt, sagte unserer Redaktion, seine Partei habe zwar die Ampel ausgeschlossen, aber "wir werden uns nicht allen anderen Gesprächen verschließen".

SPD und FDP hatten 1956 den damaligen CDU-Ministerpräsidenten Karl Arnold gestürzt und ein neues Regierungsbündnis mit der Zentrumspartei geschmiedet. Regierungschef wurde Fritz Steinhoff (SPD), ein ehemaliger Bergmann aus Westfalen. Doch die Koalition blieb ein Intermezzo: 1958 errang die CDU (zum ersten und bislang einzigen Mal) die absolute Mehrheit. Die CDU blieb bis 1966 am Ruder. 1966 bildeten SPD und FDP mit dem Sozialdemokraten Heinz Kühn an der Spitze ein sozialliberales Bündnis, das mit den Verwerfungen im Kohle- und Stahlbereich zu kämpfen hatte. 1969 wurde das Düsseldorfer Modell vom Bund übernommen (Regierung Brandt-Scheel).

Zwölf Jahre lang, bis 1980, hielt Rot-Gelb in Düsseldorf. Die FDP stellte damals die Innenminister Willi Weyer und Burkhard Hirsch. 1978 wurde Johannes Rau (SPD) Ministerpräsident, nachdem Kühn über das Debakel um die "Koop"-Schule gestolpert war.

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Auch in Bildungspolitik liegen Ansichten teils eng beieinander

Auch wenn die FDP heutzutage mit der NRW-CDU "die größeren Schnittmengen" hat, wie Stamp sagt, so gebe es auch mit der SPD in vielen Bereichen Übereinstimmungen, um eine Regierung bis 2022 zu ermöglichen. Wirtschaftsminister Duin hätte wohl keine Probleme mit den Liberalen, die auf einer "umfassenden Entbürokratisierung" bestehen.

Während SPD und FDP für die möglichst lange Verstromung der heimischen Braunkohle eintreten, pochen die Grünen aus ökologischen Gründen auf einen möglichst raschen Ausstieg. Für die FDP ist dies nur ein weiteres Beispiel für die "ideologische Bevormundung in der Umweltpolitik", mit der endlich Schluss sein müsse, wie Stamp betont.

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Auch in der Bildungspolitik liegen die Ansichten zum Teil eng beieinander. Dies gilt vor allem für die Reform des "Turbo-Abiturs". Auch in der Ausländerpolitik — vor allem beim Thema Abschiebung — gäbe es wohl deutlich weniger Reibereien als jetzt zwischen SPD und Grünen. Beide Parteien wollen auch die Elternbeiträge für die Kita abschaffen; die SPD allerdings schneller als die FDP. Aber valide durchgerechnet ist das alles wohl noch nicht. Nach der Wahl könnte daher rasch die Ernüchterung folgen.

(hüw)
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