Düsseldorf Rückbau von Atomreaktor in Jülich verzögert sich

Düsseldorf · Das Bundesforschungsministerium in Berlin hat eingeräumt, dass es beim Rückbau des Versuchsreaktors, der auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich steht, Verzögerungen gibt. Das Herausheben des Reaktorbehälters sei für "die zweite Jahreshälfte 2013" geplant, antwortete das Forschungsministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer (Grüne). Die Anlagendokumentation aus der Errichtungsphase sei "teilweise unzureichend". Auch die räumliche Enge der Anlage und die Komplexität des Abfalls führe zu Verzögerungen. Krischer kritisierte diese Begründung als Ausrede. Der Abriss beschäftigte die Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich (AVR) schon seit 25 Jahren. "Die Experten müssten mittlerweile jede Schraube kennen", sagte der Politiker. Für ihn sind die erneuten Verzögerungen ein Indiz dafür, dass das Rückbaukonzept, das ein Herausheben des Reaktorbehälters vorsieht, möglicherweise nicht realisierbar ist.

Der Versuchsreaktor war 1988 nach 21 Betriebsjahren abgeschaltet worden. Die Anlage soll nach bisherigen Plänen bis 2017 vollständig abgebaut sein. Der radioaktiv belastete Reaktorbehälter soll mit einem Spezialfahrzeug in ein rund 400 Meter entferntes Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums gebracht werden. Der Behälter ist rund 26 Meter hoch und rund 2000 Tonnen schwer. Die Verlagerung ist weltweit einzigartig. Das Forschungszentrum übernimmt nach eigenen Angaben den Reaktorbehälter und die Entsorgung aller radioaktiven Abfälle.

Mit der erneuten Verzögerung liegt der Rückbau mittlerweile zwei Jahre hinter der ursprünglichen Planung zurück. Krischer fordert Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) auf, einen Zwischenbericht vorzulegen. "Der Stand der Arbeiten muss durch externe Gutachter aufgearbeitet werden", erklärte der Energieexperte.

Wilfried Hubrich, Sprecher der AVR, warb um Verständnis für die Verzögerungen. Sicherheit gehe vor Schnelligkeit bei dem Rückbau: "Wir reißen hier schließlich keinen Kindergarten, sondern einen Reaktor ab." Die geschätzten Kosten für den Rückbau werden derzeit mit 280 Millionen Euro beziffert. Darin sind die Ausgaben für die Endlagerung der kontaminierten Bausubstanzen und Komponenten nicht eingerechnet.

(RP)
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