Schröder will Kinderschänder "wegschließen" Ruf nach härteren Strafen für Kinderschänder

Hamburg (rpo). Nach den jüngsten Verbrechen an Kindern ist der Ruf nach härteren Strafen für Sexualstraftäter und nach Gendateien wieder lauter geworden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (Foto) sprach sich dafür aus, Kinderschänder lebenslänglich einzusperren.

Ein Kriminologe warnte dagegen vor falschen Hoffnungen, die damit verknüpft sein könnten. Unionspolitiker verlangten, dass alle zu Haftstrafen verurteilten Straftäter in Gendateien aufgenommen werden.

Schröder sagte der "Bild am Sonntag": "Ich komme mehr und mehr zu der Auffassung, dass erwachsene Männer, die sich an kleinen Mädchen vergehen, nicht therapierbar sind. Deswegen kann es da nur eine Lösung geben: Wegschließen - und zwar für immer", sagte der SPD-Vorsitzende in der "Bild am Sonntag".

In diesen Fällen sei die Wiederholungsgefahr nie ganz auszuschließen. Und deswegen gebe es nur ein Gebot: Die Kinder müssten geschützt werden. "Deshalb bin ich in dieser Frage weniger liberal als ein Gutachterkartell den Richtern nahe legt. Dafür habe ich kein Verständnis", betonte der Kanzler.

Zum Fall der in Hessen vergangene Woche tot aufgefundenen achtjährigen Julia sagte Schröder, es müsse alles aufgeboten werden, um den Täter so schnell wie möglich zu fassen. "Und dann muss - bei allem Respekt vor der Unabhängigkeit der Justiz - die volle Härte des Gesetzes angewendet werden", verlangte der Kanzler. Es gebe nichts Abscheulicheres als ein Verbrechen an einem wehrlosen Kind. "Wer sich so außerhalb der menschlichen Gemeinschaft stellt, für den kann es nur die Höchststrafe geben", betonte Schröder.

Die Grünen reagierten zurückhaltend auf die Äußerungen des Kanzlers. Ihr rechtspolitischer Sprecher im Bundestag, Volker Beck, sagte der "Rheinischen Post" (Montagausgabe), "Was der Kanzler hier fordert, ist bei Sexualmorden an Kindern schon gegenwärtig Rechtslage". Der "Berliner Morgenpost" sagte Beck, er sehe derzeit keinen gesetzlichen Änderungsbedarf.

Deutliche Kritik am Bundeskanzler übte dagegen der Hamburger Kriminologe Fritz Sack. Im NDR warnte er ausdrücklich vor solchen Forderungen nach Höchststrafen: "Beim nächsten schrecklichen Fall besteht die Gefahr, dass diese Forderungen eskalieren und Rufe nach Todesstrafe laut werden." Wer glaube, Straftäter durch höhere Strafen besser kontrollieren zu können, "streut Sand in die Augen der Öffentlichkeit", sagte Sack.

Union für Ausweitung der Gendatei

Die Union sprach sich unterdessen erneut für eine Ausweitung der Gendatei aus. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, sagte in der "Welt am Sonntag", jeder solle zur Abgabe eines Gentests verpflichtet werden, der zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, nannte es fahrlässig, dass in der bisherigen Gendatei erst etwas mehr als 100.000 Täter erfasst seien, "während nach dem gesetzlichen Rahmen bis zu 800.000 erfasst werden könnten".

Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll forderte, auch von Exhibitionisten einen genetischen Fingerabdruck zu nehmen. Denn fast 60 Prozent von ihnen begingen nach ihrer Verurteilung weitere Sexualdelikte, 20 Prozent sogar schwere Verbrechen wie Vergewaltigung oder sexuellen Kindesmissbrauch, sagte der CDU-Politiker dem selben Blatt.

(RPO Archiv)
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