Moskau Russland rätselt über Flugzeugabsturz

Moskau · Die Luftfahrtbehörde warnt vor voreiligen Schlüssen.

Nach dem Absturz einer russischen Passagiermaschine auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten kursieren verschiedenste Theorien über die Ursache des Unglücks. Die Fluggesellschaft Metrojet schloss gestern einen technischen Defekt oder einen Pilotenfehler aus und machte stattdessen eine "äußere Einwirkung" auf das Flugzeug für den Absturz mit 224 Toten verantwortlich. Die russische Luftfahrtbehörde erklärte hingegen, es sei noch viel zu früh für solche Schlussfolgerungen. Die Maschine war am Samstag auf dem Flug vom ägyptischen Badeort Scharm el Scheich nach St. Petersburg abgestürzt.

Der stellvertretende Generaldirektor von Metrojet, Alexander Smirnow, ging nicht ins Detail, was er mit "äußerer Einwirkung" meinte. Er wollte auch nichts dazu sagen, ob das Flugzeug von außen etwa durch eine Rakete getroffen wurde oder ein äußerer Faktor - ausgelöst durch ein Wetterphänomen - zu dem Absturz führte. Der französische Luftfahrtexperte Robert Galan wertete Smirnows Aussagen als Hinweise auf eine Bombe oder eine Sabotage der Maschine. Die Schäden an dem Flugzeug könnten nicht durch einen technischen Defekt passieren, sagte Smirnow. Die Maschine habe in der Minute vor dem Absturz 300 Stundenkilometer Geschwindigkeit und 1,5 Kilometer Höhe verloren. Außerdem habe die Besatzung keinen Notruf abgesetzt. Ermittler suchten gestern in einem Radius von 30 Kilometern um die Absturzstelle nach weiteren Leichen und Trümmerteilen.

Ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, die im Nordsinai aktiv ist, hatte behauptet, das Flugzeug abgeschossen zu haben. Russische Ermittler und Militärexperten halten es jedoch für kaum möglich, dass der IS über die nötigen Raketen und die Expertise für eine solche Attacke verfügt. Wahrscheinlicher sei, dass eine Bombe an Bord platziert worden sei, sagte der britische Fachmann Paul Beaver.

Noch lägen aber für handfeste Aussagen nicht genügend Informationen vor, sagte der Leiter der russischen Luftfahrtbehörde, Alexander Neradko. Unter anderem müssten von russischen Experten und Fachleuten aus Ägypten, Frankreich, Deutschland und Irland erst die Flugschreiber ausgewertet werden. Mit einer Regierungsmaschine wurden gestern Morgen bereits 130 Leichname und 40 Leichenteile nach St. Petersburg zur Identifizierung überstellt.

(ap)
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