Verfassungsschutz vermutet Versuch, neue Anhänger zu werben Salafisten wollen 25 Millionen Korane verschenken

Berlin · In einer beispiellosen Missionierungs-Offensive wollen Anhänger der radikalislamischen Salafisten-Bewegung jeden deutschen Haushalt mit einem Koran ausstatten. Dazu wären 25 Millionen Exemplare nötig. Schauplätze der konzertierten Aktion sind unter anderem am kommenden Samstag 37 Städte von Berlin über Aachen, Düsseldorf und Mainz bis hin zu Wuppertal, Neuss, Hamburg und Kiel.

Stets wählen die Anhänger markante und stark frequentierte Plätze aus, um dort Stände aufzubauen und die Korane kostenlos abzugeben. Der Verfassungsschutz ist alarmiert und befürchtet hinter der Koran-Bewegung den Versuch, neue Anhänger zu rekrutieren und die eigene Szene besser zu vernetzen. Ziel sei es sicherlich nicht nur, die Menschen zum Islam zu bringen, sondern zum Salafismus. Anhänger dieser Strömung schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. Alle Attentäter des 11. September waren Salafisten.

Die Operation läuft unter der Bezeichnung "Lies!" und spricht Muslime in Deutschland gezielt an, die verhindern sollen, dass so viele Ungläubige "für alle Ewigkeit in die Hölle kommen". So heißt es in einem Video des Kölner Geschäftsmannes Ibrahim Abou-Nagie, den der Verfassungsschutz als einflussreichen Salafismus-Prediger einschätzt. Er ist der Herausgeber der kostenlosen deutschen Koran-Ausgabe, und er wirbt seit Monaten für das Projekt. Dem Vernehmen nach hat er in den vergangenen Wochen bereits rund 300 000 Exemplare unters deutsche Volk gebracht.

Muslime finden im Internet ausgeklügelte Handlungsanweisungen. Im Entwurf eines Antrages beim örtlichen Ordnungsamt sollen sie zur Begründung schreiben, es gehe um das "Ziel, zu einem besseren Miteinander der verschiedenen Religionen und Kulturen in diesem Land beizutragen". Den Muslimen erläutert Abou-Nagie, es handele sich um die "herzliche Einladung zur einzig wahren Religion, dem Islam".

Sogar die Maße des Infozeltes und auch die Beschaffenheit des idealen Tisches ("bei Obi oder Bauhaus nennt sich dieser Tisch ,Bierbank'") werden empfohlen. Und wer einen Termin bekommen hat und dieses der Zentrale meldet, wird umgehend mit Tischdecke, Postern und hundert Koran-Exemplaren ausgestattet. Auf T-Shirts wird zudem für die Internet-Adresse geworben, auf der Nicht-Muslime den Koran kostenlos beziehen können.

Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) sieht die massive Missionierung gelassen. Was den Christen mit der Bibel nicht gelungen sei, werde den Muslimen mit dem Koran auch nicht gelingen. "Die kostenlose Koran-Abgabe bietet natürlich eine Rekrutierungsmöglichkeit bei denjenigen, die für Extremismus anfällig sind", sagte Uhl unserer Zeitung. Das sei aber bei der Flächenabgabe in Fußgängerzonen weniger problematisch. Wichtig bleibe es, dass der Verfassungsschutz ein Auge auf die Salafisten habe, wenn diese gezielt dort aktiv werde, wo es um potenzielle Konvertiten geht.

(RP/jh-)
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