Atomabkommen mit dem Iran Sanktionen gegen den Iran fallen

Berlin · Die deutsche Wirtschaft steht in den Startlöchern, wieder deutlich mehr Geschäfte mit dem Iran zu machen. Wirtschaftsminister Gabriel wird bereits am Sonntag mit einer Delegation in den Iran reisen.

Das Atomabkommen mit dem Iran ist eines der wenigen Beispiele, wie ein Krisenherd mit diplomatischen Mitteln eingedämmt werden kann. All diejenigen, die das Abkommen mit euphorischen Kommentaren begleiten, hoffen, dass sich die Welt nun tatsächlich verändert. Deutschland hat auch handfeste wirtschaftliche Interessen.

Warum ist Israel so entschieden gegen den Deal mit dem Iran?

Israel sieht sich durch den Iran in seiner Existenz bedroht: Der Iran hat Vernichtungsdrohungen gegen Israel ausgestoßen und diese auch nie zurückgenommen. Israel fürchtet, dass der Iran mit dem Abkommen unter den Augen der internationalen Gemeinschaft ein Arsenal nuklearer Waffen aufbauen könnte, die insbesondere Israel bedrohen werden. Zudem sehen die Israelis die Gefahr, dass nach einer Aufhebung der Sanktionen der Iran zu Geld kommt und Terrororganisationen im Nahen Osten finanzieren kann. In einer ersten Reaktion verwies Israels Premierminister Benjamin Netanjahu darauf, dass Israel sich nicht an das Abkommen gebunden fühle und sein "Recht auf Selbstverteidigung" behalte - eine klare Drohung.

Was ändert das Abkommen an den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran?

Zwischen den USA und dem Iran herrscht seit fast 40 Jahren Eiszeit. Seitdem der Schah im Iran 1979 gestürzt wurde und 52 US-Diplomaten in Geiselhaft gerieten, stehen sich die beiden Länder feindlich gegenüber. Das Abkommen kann der Anfang einer Normalisierung der Beziehungen sein. Erste vorsichtige Annäherungen gibt es, seit der neue Präsident Hassan Ruhani im Iran im Amt ist. Er schlug gegenüber den USA moderate Töne an. Zur Vergiftung der Atmosphäre trugen über die Jahrzehnte beide Seiten erheblich bei. So bezeichnete der damalige US-Präsident George W. Bush den Iran, Nordkorea und den Irak als "Achse des Bösen". Ruhanis Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad hatte den Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat 2008 bedeutet, er könne "so viele Resolutionen machen "bis ihnen schlecht wird".

Wird der Iran auch im Kampf gegen die Terror-Miliz "Islamischer Staat" helfen können?

Am Rande der Verhandlungen um das Atomabkommen ist eine solche konstruktive Rolle des Iran diskutiert worden. Eine Zusammenarbeit zwischen dem Westen und dem Iran gegen den Terror gilt inzwischen als vorstellbar. Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass der Iran konsequent gegen alle Terror-Aktivitäten vorgehen wird. Insbesondere dort, wo sie sich gegen Israel richten, ist sicherlich nicht mit einer Zusammenarbeit mit dem Westen zu rechnen.

Ist wirklich schon alles in trockenen Tüchern?

Das Abkommen kann nur in Kraft treten, wenn auch der amerikanische Kongress zustimmt. Im Kongress gibt es eine mächtige Lobby, die auf der Seite von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu steht. Die Republikaner kündigten an, "alles" zu tun, um das Abkommen zu stoppen. Es gilt dennoch als wahrscheinlich, dass US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama trotz des Widerstands Zustimmung erhält.

Warum fliegt Wirtschaftsminister Gabriel am Sonntag in den Iran?

Der Iran ist nun wieder ein Staat, mit dem man Geschäfte machen darf. Da gilt das Prinzip: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Die deutsche Wirtschaft sitzt in den Startlöchern. Ein Bundesminister ist für Wirtschaftsvertreter ein sehr guter Türöffner, um mit Unternehmen ins Geschäft zu kommen und die bürokratischen Wege zu ebnen. Der Iran wird mit der Aufhebung der Finanzsanktionen Zugriff auf zusätzlich rund 90 Milliarden Euro bekommen. Für Investitionen wird in den nächsten Jahren viel Geld da sein.

Auf welchen Feldern kann die deutsche Wirtschaft profitieren?

Die deutsche Wirtschaft rechnet mit einem sehr großen Nachholbedarf der Iraner und sieht Absatzchancen für Chemie, Konsumgüter, Textil und Nahrungsmitteln. Auch bei der Erschließung von Öl und Erdgas wollen die Deutschen ihre Dienste anbieten. Im vergangenen Jahr lieferten deutsche Firmen Produkte im Wert von rund 2,4 Milliarden Euro an den Iran. Perspektivisch soll die Summe auf mehr als zehn Milliarden Euro steigen. Gabriel wird von einer prominenten Wirtschaftsdelegation begleitet. Mit rund 80 Millionen Einwohnern leben im Iran etwa so viele Menschen wie in Deutschland.

Wozu verpflichtet sich der Iran genau?

Ziel der Vereinten Nationen ist es, dass der Iran keinesfalls unbemerkt eine Atombombe bauen kann. Dafür soll er 95 Prozent des bisher angereicherten Urans verdünnen oder kontrolliert aus dem Land ausführen. Der Iran darf künftig nicht mehr als 300 Kilo besitzen. Es dürfen keine neuen Schwerwasser-Reaktoren gebaut werden, und die Zahl der Zentrifugen zur Uran-Anreicherungen muss um zwei Drittel reduziert werden.

Wie wird der Iran kontrolliert?

Die international dafür zuständige Atomenergie-Behörde (IAEA) wird den Iran überwachen. Die Sanktionen sollen erst gelockert werden, wenn die Behörde grünes Licht gibt, dass der Iran seine Auflagen erfüllt. Die Kontrollen sollen 25 Jahre dauern.

(qua)
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