Düsseldorf/Moskau Sanktionen gegen Moskau träfen auch die EU

Düsseldorf/Moskau · In Deutschland wächst die Sorge um die Energie aus Russland. Auch die Zentralbanken in den USA und Europa fürchten um die Stabilität.

Vor dem Hintergrund der Krim-Krise und der absehbaren Sanktionen der EU gegen Russland nimmt in Deutschland die Sorge um die russischen Gaslieferungen zu. Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Hans-Werner-Sinn, sagte der "Wirtschaftswoche": "Wenn wir wie geplant unsere noch laufenden Atomkraftwerke abschalten und voll auf den Wind- und Sonnenstrom setzen, wird sich die Abhängigkeit von Russland weiter erhöhen und die Versorgungssicherheit verringern."

Sergej Glasjew, ein Vertrauter von Präsident Putin, wurde öffentlich schon sehr deutlich: "Ökonomische Sanktionen der EU werden für die Europäer zur Katastrophe." Wenn Russland keine Energie mehr liefere, werde sich "die europäische Industrie nicht erholen".

Deutschland bezieht etwa ein Drittel seines Erdgases aus Russland. Der Großteil des Brennstoffs wird über die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee geleitet. Brisant wirkt angesichts der Krimkrise auch der Deal, den RWE gestern ankündigte: Der angeschlagene Energiekonzern will seine Öl- und Gasfördertochter Dea an eine Investorengruppe unter der Führung eines russischen Oligarchen verkaufen. Der in Luxemburg ansässige Investmentfonds Letter One wolle inklusive Schulden 5,1 Milliarden Euro für das Unternehmen bezahlen. An dem Fonds ist der russische Milliardär Michail Fridman beteiligt.

Aber sind die Warnungen berechtigt? Selbst wenn Russland den Gashahn zudrehen sollte, gehen in Deutschland noch lange nicht die Lichter aus. Der durchschnittliche Füllstand der Gasspeicher liegt bei 60 Prozent. Das dürfte reichen, bis mit Förderländern wie den Niederlanden, Großbritannien und Norwegen neue Lieferverträge abgeschlossen wären. Eon-Chef Johannes Teyssen erinnerte gestern daran, dass Russland seine Gaslieferungen in der jahrzehntelangen Energiepartnerschaft mit Europa noch kein einziges Mal als strategisches Druckmittel gegen den Wesen eingesetzt habe.

Trotzdem drohen Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Schon die Ankündigung von Sanktionen hat russische Anleger in Alarmbereitschaft versetzt. Die beiden teilverstaatlichten Banken Sberbank und VTB sowie der Energiegigant Lukoil zogen bereits Milliarden von ihren Konten in westlichen Finanzzentren wie London und New York ab, nachdem die Gespräche zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow gescheitert waren. Das berichtet die britische Wirtschaftszeitung "Financial Times".

Auch die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank sorgen sich um die Stabilität der Finanzbeziehungen. Angeblich wurde der russische Bestand an US-Papieren um mehr als 75 Milliarden Euro vermindert. Man vermutet dahinter vor allem russische Investoren. Bislang hielt Russland rund 100 Milliarden Euro an US-Schuldtiteln.

(RP)
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