Berlin Schavan gibt Kampf um Doktortitel auf

Berlin · Ex-Bildungsministerin Schavan geht im Streit um ihre Dissertation nicht in Berufung, bleibt aber bei ihrer Haltung.

Als Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) im Mai 2012 erstmals mit den Vorwürfen konfrontiert war, sie habe bei ihrer Doktorarbeit abgeschrieben, traf man in Berlin eine fassungslose Politikerin. Vom ersten Tag an hielt sie das Ganze für ein großes Missverständnis. Anderthalb Jahre später musste sie, weiter von ihrer Unschuld überzeugt, ihr Amt als Bildungsministerin niederlegen. Schavan zeigte sich damals fest entschlossen, um ihren Doktor und ihre Ehre zu kämpfen. Die Klage gegen die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf wegen Aberkennung des Titels verlor sie.

Nun gibt die CDU-Politikerin den Kampf auf. Sie habe sich entschieden, die "juristische Auseinandersetzung" zu beenden, schreibt Schavan in einer persönlichen Erklärung, die sie auf ihre Homepage stellte. Sie bleibt aber dabei, dass sie nicht getäuscht habe. Sie bleibt auch bei dem Vorwurf gegen die Universität Düsseldorf, dass das Verfahren gegen sie nicht korrekt war.

Zugleich geht aus ihrer Erklärung hervor, dass sie juristische Schritte für aussichtslos hält. Eine weitere "gerichtliche Überprüfung der Aberkennungsentscheidung" der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität würde nach den Regeln des Verwaltungsrechts erfolgen und nicht "nach den Grundregeln der Wissenschaftsethik".

Die Vorwürfe gegen Schavan waren über einen anonymen Plagiatsjäger im Internet publik gemacht worden. Daraufhin hatte die Ministerin und Merkel-Vertraute die Universität Düsseldorf gebeten, ihre Arbeit zu überprüfen. Die Uni entschied sich, lediglich einen Gutachter aus den eigenen Reihen damit zu beauftragen. Als Panne im Verfahren gilt, dass der Bericht des Gutachters frühzeitig durch die Medien bekannt wurde.

Das Überprüfungsverfahren hatte von Anfang an hohe politische Brisanz. Es war klar, dass Schavan mit Aberkennung des Titels nicht würde im Amt bleiben können. Zudem hatte sie im Fall der abgeschriebenen Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) durch öffentliche Äußerungen dafür gesorgt, dass er rasch zurücktrat. Dass es sich bei zu Guttenbergs Dissertation in weiten Teilen um ein Plagiat handelt, ist anders als im Fall Schavan in der Wissenschaft nicht umstritten.

Schavan verweist in ihrer Erklärung darauf, dass sie in den vergangenen Monaten viel Zuspruch aus der Wissenschaft und der Politik erfahren habe. Sie zitiert auch den Vorsitzenden des Wissenschaftrats, Wolfgang Marquardt, mit den Worten: "Es gibt mittlerweile einen Konsens darüber, dass in den Verfahren, in denen über den Entzug des Doktortitels entschieden wird, Begutachter, Bewerter und Entscheider getrennt sein sollten! Dass es ein Mehraugenprinzip geben sollte und dass eine Analyse der Arbeit nicht allein über eine formalistische Textanalyse bewertet werden kann." Zugleich beklagt Schavan, dass, wer kritische Fragen an das Verfahren in Düsseldorf stelle, mit Vorwürfen der unangemessenen Parteinahme konfrontiert werde.

Die frühere Ministerin und langjährige CDU-Vizechefin geht auch noch einmal auf den Inhalt ihrer Dissertationsschrift ein, die den Titel "Person und Gewissen" trägt. "Diese Arbeit war und ist für mich wichtig und hat auch mein späteres Handeln geprägt", schreibt Schavan. Die Arbeit sei für sie mehr als der Abschluss ihres Studiums und der Promotion gewesen. "Handlungsleitend war für mich ein Verständnis vom Menschen, der sich um Gewissenhaftigkeit bemüht und der verantwortungsbewusst mit Freiheit umgeht." Davon habe sie sich in ihrer beruflichen und politischen Arbeit leiten lassen und werde dies auch künftig tun. "Jetzt bereite ich mich auf neue Aufgaben vor und freue mich darauf." Die Katholikin Schavan soll künftig für die deutsche Regierung als Botschafterin im Vatikan tätig werden.

Der Entzug des Doktortitels war für Schavan besonders schmerzhaft, nicht nur weil sie ihr Ministeramt deswegen aufgeben musste. Sie hatte unter der besonderen Regelung promoviert, wonach der Abschluss der Doktorarbeit zugleich auch der Abschluss ihres Studiums war. Schavan bleibt also auch ohne Hochschulabschluss.

Ohne wissenschaftliche Würden bleibt sie aber nicht. So wird Schavan heute den Ehrendoktortitel der Universität Lübeck erhalten. Die Lübecker Universitätsleitung verteidigte die Auszeichnung, die bereits im Januar 2012 im Vorfeld der Plagiatsaffäre beschlossen worden sei. Schavan habe sich große Verdienste um die medizinische Wissenschaft erworben. Sie habe die deutschen Gesundheitsforschungszentren ins Leben gerufen. Schavan ist Inhaberin vier weiterer Ehrendoktortitel.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort