Kriminalität in Brennpunkten Dänemark will Kriminelle aus Problemvierteln extra hart bestrafen

Kopenhagen · Die dänische Regierung sagt Kriminalität in Brennpunkten den Kampf an. Und will etwa Drogenhandel und Vandalismus in Problemvierteln doppelt so hart bestrafen wie im Rest des Landes.

Dänemark will Kriminelle aus Problemvierteln extra hart bestrafen
Foto: dpa (Symbol)

Dänemark möchte den Kampf gegen die Kriminalität im Land aufnehmen. Die Regierung will laut einem Zeitungsbericht vor allem soziale Brennpunkte ins Visier nehmen. 2018 solle das Jahr werden, in dem es weniger Verbrechen und weniger Ungleichheit in dänischen Problemvierteln geben solle, hatte Dänemarks bürgerlicher, von den Rechtspopulisten gestützter Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen bereits in seiner Neujahresansprache angekündigt.

Wie die dänische Tageszeitung "Berlingske" Anfang der Woche berichtete, will Dänemark Straftaten, die in einem sozialen Brennpunkt begangen wurden, in Zukunft doppelt so hart bestrafen wie im Rest des Landes.

Drogenhandel, Vandalismus, Einbrüche

Welche Straftaten genau dazu gehören sollen, soll erst im parlamentarischen Prozess festgelegt werden. Laut Justizminister Søren Pape Poulsen geht es dabei vor allem um Drogenhandel, Vandalismus, Einbrüche und Drohungen. Oder anders gesagt: Es gehe um Straftaten, die die Entstehung von Parallelgesellschaften begünstigten, sagte der Justizminister der Zeitung "Berlingske".

Dänemarks Wohnungsministerium bestimmt seit 2010 jährlich die schlimmsten sozialen Brennpunkte im Land. Die Zahl variiert je nach Lage. Ende 2017 wurden 22 sogenannte Gettogebiete aufgelistet. Darunter sind etwa die Wohnsiedlungen Mjølnerparken in Kopenhagen und Gellerupparken in Aarhus. Um als dänisches "Getto" klassifiziert zu werden, müssen drei von fünf Kriterien erfüllt sein. Die Gebiete müssen mehr als 1000 Einwohner haben und etwa eine hohe Arbeitslosigkeit, eine hohe Anzahl von Bewohnern mit "nichtwestlichem" Hintergrund, eine hohe Kriminalitätsrate sowie niedrige Ausbildungs- und Einkommensniveaus der Einwohner aufweisen.

Allerdings will die Regierung nicht automatisch alle 22 aktuellen Problemgebiete zu härteren Strafzonen erklären. Die lokalen Polizeichefs sollen nach dem Bericht entscheiden, inwieweit ihre Verantwortungsgebiete unter die doppelte Bestrafung fallen sollen. Zum Maßnahmenpaket gehört zusätzlich aber auch, dass die Polizeipräsenz in Problemvierteln kräftig ausgebaut wird.

Kriminalität nimmt eher ab

Zustimmung gibt es von Dänemarks Sozialdemokraten. Trine Bramsen, rechtspolitische Sprecherin der sozialdemokratischen Opposition, bezeichnete den Vorstoß als vernünftig. Dänemarks Sozialdemokraten sind in der Vergangenheit weit nach rechts gerückt. So fordern sie auch, das Recht auf Asyl in Dänemark gänzlich abzuschaffen. Stattdessen sollen Bewerber in von Dänemark geführten Lagern in Nordafrika Asyl beantragen können. Auch in der Kriminalitätsbekämpfung ähnelt die Partei immer mehr den rechten Parteien.

Kritik gibt es von Denkfabriken und Sozialarbeitern. Rechtsexpertin Brigitte Arent Eiriksson von der Organisation "Justitia" kritisierte den Vorstoß, weil er grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit aufs Spiel setze. Es sei sehr wichtig, dass jeder vor dem Gesetz gleich behandelt werde. "Ich finde es schwierig, diesen Grundsatz in dem Vorschlag zu sehen", sagte sie.

Auch Muhammed Aslam, Einwohnersprecher der sozial schwachen Kopenhagener Gegend Mjølnerparken, kritisierte im dänischen Radio: Der Gesetzentwurf signalisiere, dass in Dänemark vor dem Gesetz Unterschiede gemacht würden. Durch das geplante Maßnahmenpaket würden Einwanderer faktisch härter bestraft. Das könne die sozialen Spannungen in den Brennpunkten eher verschärfen als lindern.

Die dänische Boulevardzeitung "Ekstra Bladet" hat indes Zweifel an der Umsetzbarkeit. Kriminalität sei nicht das Hauptproblem in den sozial schwachen Gebieten, schreibt das Blatt. Von den aktuell 22 identifizierten Problemvierteln würden außerdem nur zwei das offizielle Kriterium der deutlich erhöhten Kriminalitätsrate erfüllen. Nur in Vollsmose im Ort Odense und in Gellerupparken in Aarhus seien über 2,7 Prozent der Einwohner, so der Grenzwert, für kriminelle Straftaten verurteilt worden, betont die Zeitung.

Zu Beginn der Erhebung 2010 hätten noch 25 der damals identifizierten 29 Gegenden eine Rate über 2,7 Prozent gehabt. Die Kriminalität sei also ohnehin stark rückläufig. Zudem habe sich auch die Zahl der "Gettos" seit 2010 reduziert - auch ohne härtere Strafzonen.

(RP)
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