Düsseldorf Schulministerin Löhrmann will Turbo-Abitur retten

Düsseldorf · Die Grünen-Politikerin hält Teile der Kritik an G 8 für falsch. Ein Bildungsforscher sagt, bei G 9 sei "Zeit verplempert" worden.

Im vergangenen Sommer haben in NRW der erste Jahrgang nach acht Jahren (G 8) und der letzte nach neun Jahren (G 9) das Gymnasium verlassen – der Systemwechsel zum Turbo-Abitur ist damit vollzogen. Die Unzufriedenheit mit G 8 aber bleibt: Laut Umfrage sprechen sich 63 Prozent der Befragten für eine Rückkehr zu G 9 aus. Das hat die CDU aufgeschreckt – Parteichef Armin Laschet mahnt, die Entwicklung in anderen Bundesländern ernst zu nehmen. Niedersachsen etwa will zu G 9 zurückkehren.

Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die G 8 befürwortet, sagte, es dauere rund zehn Jahre, "bis sich eine so tiefgreifende Veränderung in der Schullandschaft gesetzt hat". Durch die Entscheidung in Niedersachsen sei in NRW die Debatte neu belebt worden. Deswegen hat Löhrmann nun alle Beteiligten zu einem runden Tisch am 5. Mai eingeladen, um über Verbesserungsmöglichkeiten zu reden. Der allgemeine Druck, so die Ministerin im Gespräch mit unserer Zeitung, werde "zu Unrecht und vereinfachend allein dem G 8 zugeschrieben".

Gegen eine "Rolle rückwärts" ist auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen. "Viele Eltern schlagen über die jetzige Diskussion die Hände über dem Kopf zusammen", sagte Landeschefin Dorothea Schäfer. Trotzdem gebe es Veränderungsbedarf in NRW: Die Lehrpläne müssten verschlankt und die Stundenbelastung der unteren Jahrgänge reduziert werden. Schäfer zeigte sich offen für eine Rückkehr zum alten rot-grünen G 8-Modell: "Wir sollten überlegen, die Klasse elf als optionalen Jahrgang anzubieten und dafür die Sekundarstufe I wieder auf sechs Jahre anzugleichen." Schwarz-Gelb hatte das zugunsten der Kürzung in der Mittelstufe verworfen. Schon deshalb sei Laschets Vorstoß dreist, sagte Schäfer.

Heftige Kritik an den G 8-Gegnern übte der Kieler Bildungsforscher Olaf Köller: "Da protestiert das Bürgertum, das nicht akzeptiert, dass seine Kinder nachmittags in die Schule müssen." Natürlich habe G 8 zu weniger Freizeit geführt – das scheine aber nur den Westdeutschen Probleme zu bereiten. Köller erklärte, die Streichung eines Jahres in der Mittelstufe sei der "Kardinalfehler" der Umstellung gewesen. Ansonsten habe es gute Gründe für das achtjährige Gymnasium gegeben: "Nirgends wurde so viel Zeit verplempert wie bei G 9."

(RP)
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